Aktuell

<  zurück zur Übersicht

Vom Grossen Glück der kleinen Leute

Donnerstag, 19. Februar 2015

Sie hatten es nicht weit – und zogen viel Publikum an. Der Auftritt der Theaterladies aus Bazenheid am Samstagnachmittag mobilisierte ein geradezu rekordverdächtig grosses Publikum in der Perlavita Rosenau. CHRISTOF LAMPART

KIRCHBERG. Mit dem Singspiel „Das kleine Glück am Bahnhofplatz“ brachten die nunmehr seit 18 Jahren zusammen schauspielernden und singenden sechs Theaterladies ein kurzweiliges Stück zur Aufführung, in dem sich nicht nur bekannte Lieder und träfe Sprüche fanden, sondern auch das eine oder andere Quäntchen Tiefgang. Das Werk stammt aus der Feder von Rösly Baumgartner, welche den Theaterladies schon seit Jahren die Stücke praktisch auf den Leib „schreibt“ und auch am Samstag im Publikum der Vorstellung beiwohnte.

„Heitersberg“ ist überall

Unter der Regie von Margrit Stadler, zeigte sich im komplett belegten Mehrzwecksaal der Perlavita Rosenau in Kirchberg ein Spiegelbild der Welt, wie sie sich heute abseits von Weltpolitik, Turbokapitalismus und militärischen Konflikten zeigt. Es sind zwar einfache Geschichten, die sich hier während gut einer Stunde vor dem Publikum abspielen. Doch es sind Geschichten, die gerade deshalb erzählenswert sind, weil sie ansonsten niemanden erzählen würde. Klar ist der Ort fiktiv, doch Bahnhofsplätze wie jener in „Heitersberg“  - das stimmungsvolle Bühnenbild wurde übrigens von Manuela Winteler klar naturalistisch und ohne grossen Schnickschnack gestaltet – gibt es überall. Da ist die energische Kleinbäuerin (Margrit Meile), welche sich beklagt, dass das Bahnfahren wieder teurer geworden ist. Der Landwirt (Esther Burkhalter), dessen höchstes Glück das „Gügele“ nach einem erfolgreichen Verkauf auf dem Kälbermarkt ist, und die schrullige Alte (Helen Sennhauser), welche nur mit ihrem Wellensittich Traugottli verreist. Sie alle standen exemplarisch für die kleinen, zuweilen fast surrealen Sorgen und Nöte, wie es sie eben in der Welt der kleinen Leute zu Genüge gibt.

Korrektiv der Gesellschaft

Ihnen gegenüber standen die „Realos“ in Form der lebensfrohen Kioskverkäuferin (Marlene Silvestri) und des korrekten Bahnhofvorstands (Margrit Stadler), welche zwar auch nicht sorgenfrei durchs Leben gehen – so äussert der Bähnler gleich zu Beginn den Verdacht, dass es die kleine Bahnstation wohl  nicht mehr allzu lange als bediente Haltestelle geben werde –, doch lassen sie sich dadurch nicht den Tag verderben. Gänzlich über dem Ganzen scheint einzig der randständige Steff (erneut: Esther Burkhalter) zu stehen; der Penner lässt es sich und seinen Hunden Oskar und Bello auf dem Bahnhofsplatz gut gehen und sich von der Hektik des Ankommens und Abreisens, die es zu gewissen Zeiten halt auch auf einem Provinzbahnhof gibt, nicht im Geringsten irritieren. Er ist sozusagen das Korrektiv der Gesellschaft und bringt auch zu guter Letzt das fragile Gebilde wieder ins Lot, indem er den entflogenen Traugottli einfängt. Das Ihrige zum unterhaltsamen Nachmittag trug Maria-Luise Abt am Klavier bei. Das Publikum spendete dem Ensemble am Ende einen langen und herzlichen Applaus, der absolut verdient war.