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Warum verkauft Bronschhofen bestes Bauland mit Verlust?

Sonntag, 14. November 2010

Am kommenden 28. November stimmt Bronschhofen über den Verkauf zweier in Gemeindebesitz befindlichen Parzellen ab. Doch dagegen regt sich Widerstand im Dorf. Und auch die katholische Kirchgemeinde Wil fordert Gleichbehandlung.

CHRISTOF LAMPART

Frage: Wer verkauft an bester Lage, mitten im Dorfzentrum, 7000 Quadratmeter Bauland und nimmt dafür einen Verlust von rund 120000 Franken in Kauf? Antwort: die Politische Gemeinde Bronschhofen. Dieser Eindruck drängt sich zumindest jenen auf, welche die Abstimmungsvorlage über den Verkauf der beiden Parzellen  Nr. 2191 und Nr. 2398 genau studiert haben. Tatsächlich fährt die Gemeinde mit dem anvisierte Verkauf an die Projektfabrik AG aus Volketswil einen Verlust von knapp 120000 Franken ein. Spätestens da drängt sich im Stimmbürger die berechtigte Frage auf: warum muss man zu diesem Geschäft  ja sagen? Und vor allem: warum gerade jetzt? Das sind einige Fragen, welche gegenwärtig im Dorf die Runde machen und für rote Köpfe sorgen.

Rohr: „Wir müssen nicht verkaufen“

Konfrontiert mit diesen Fragen, beschwichtigt Gemeindepräsident Max Rohr: „Wir haben im Grunde genommen keinen Zwang, das Land zu verkaufen, jedoch wollten wir mit diesem Entscheid, der in keinerlei Zusammenhang mit einer allfälligen Fusion von Wil und Bronschhofen steht,  einen Fuss in die Türe bekommen, wenn es darum geht, das Land sinnvoll zu nutzen“, erklärt Rohr.  Mit dem gezielten Verkauf wolle man verhindern, dass  später  mit dem Land Spekulation betrieben würde. „Wir wollen ein Projekt realisieren, das Bronschhofen mehr bringt als nur ein paar zusätzliche Miet- und Eigentumswohnungen“, so Rohr.  Doch warum kann man als Gemeinde und als Landeigentümerin nicht warten, bis man selbst eine sinnvolle Lösung für die attraktiven Parzellen hat? 

Immerhin hat die Gemeinde einen Gestaltungsplan „Wohnüberbauung Weite“ erlassen, womit die Projektfabrik AG nicht einfach auf die grüne Wiese hinstellen kann, was sie will. Doch ob dieser Gestaltungsplan dazu führt, dass in der Dorfmitte  „ein langjähriges Anliegen der Bevölkerung und des Gemeinderates“ (Abstimmungs-Botschaft, Seite 4), nämlich die Errichtung einer Pflegewohnung, bzw. einer Einrichtung für betreutes Wohnen, realisiert wird, ist zumindest fraglich.  Darauf angesprochen meint Max Rohr schwammig: „Diesbezüglich haben wir schon Gespräche mit dem Investor geführt, doch ist es richtig, dass man eine hundertprozentige Garantie heute nirgendwo hat.“

Überhöht, wuchtig und fremdartig?

Wäre es also beispielsweise denkbar, dass man nach erfolgtem Verkauf eine Überbauung realisierte, welche Alters-, Pflege- und Familienwohnungen in verschiedenen Blöcken beinhaltet? Das  sei, so Max Rohr, „durchaus möglich“.  Denn zum einen fehle in Bronschhofen bis jetzt ein solches Angebot und zum anderen verfolge die Katholische Kirchgemeinde Wil rund ums Pfarreiheim Bronschhofen,  auf ihren Parzellen Nr. 2425 und Nr. 131, welche an die Parzelle Nr. 2398  angrenzen,  in dieser Hinsicht eigene Pläne.

Das bestätigt der Vorsitzende des Kirchenverwaltungsrates der Katholischen Kirchgemeinde Wil, Josef Fässler: „Wir haben um das Pfarreiheim herum noch rund 5000 Quadratmeter Land,  die wir gerne – in Zusammenarbeit mit der Politischen Gemeinde - für Alters-, Pflege- und Familienwohnungen einbringen würden“, so Fässler.  Das klingt nett – was durchaus nicht selbstverständlich  ist. Denn die Politische Gemeinde Bronschhofen erachtete es nicht als notwendig, die Katholische Kirchgemeinde Wil als direkte Parzellennachbarin über  das geplante Bau-Projekt zu informieren.  In einer Einsprache vom 7. Juli 2009 zuhanden der Politischen Gemeinde Bronschhofen monierte die Katholische Kirchgemeinde Wil die Nichtinformation und bezeichnete die geplanten Baukörper als „überhöht“ und als „zu wuchtig“ und „fremdartig“.   Die drei Klötze würden durch ihre schiere Masse zudem das architektonisch gelungene Pfarreiheim geradezu erdrücken, heisst es im Brief weiter.

Rechtsgleichheit angestrebt

Die Katholische Kirchgemeinde schlug  deshalb Verhandlungen,  vor . Sie sei durchaus bereit, ihre Einsprache gegen den Gestaltungsplan „Wohnüberbauung Weite“ und die Einwendungen gegen die Umzonung der Parzellen Nr. 2191 und Nr. 2398 im Rahmen der Ortsplanungsrevision zurück zu ziehen, wenn sie gleiches Recht erhielte:  „Wir wollen erreichen, dass unser Grundstück  von der öffentlichen Zone in die Wohnzone 3 oder Wohnzone 4 umgezont wird – wie es auch bei den Gemeindeparzellen der Fall war“, so Fässler unmissverständlich. Denn nur so könne die Katholische Kirchgemeinde Wil sicher stellen, dass sie eventuell später ihr Vorhaben, nämlich in Zusammenarbeit mit einer von der öffentlichen Hand zu gründenden Genossenschaft Alters- und Pflegewohnungen in Bronschhofen zu errichten, auch auf dem eigenen  Boden realisieren könne.  „Unser Land als auch jenes, das die Gemeinde jetzt verkaufen möchte, wäre für ein solches Vorhaben sicherlich ideal“, so Fässler. 

Fässler: „Wir warten jetzt ab“

Auch sei damals vereinbart worden, dass alle unmittelbar angrenzenden, betroffenen Eigentümer von der Politischen Gemeinde Bronschhofen zu einer Orientierung eingeladen würden – was bis dato nicht geschah.  Umso ärgerlicher stiess es dem Katholischen Kirchenverwaltungsrat auf, als die Gemeinde Bronschhofen Ende Oktober die Abstimmungsbotschaft in die Haushalte verschickte. „Wir wussten nichts davon und wähnten uns noch mitten in den Verhandlungen“, so Fässler irritiert. Ein eilends anberaumtes Gespräch zwischen dem Gemeinderat Bronschhofen und der Katholischen Kirchgemeinde Wil am vergangenen Dienstag, klärte die Fronten. „Wir warten jetzt einmal die Abstimmung ab. Danach werden wir weiter sehen“, so Fässler abwartend. Egal, ob es in knapp drei Wochen zum zumindest fragwürdigen Landverkauf kommen wird – eines steht wohl schon jetzt so gut fest wie das Amen in der Kirche: das letzte Wort in dieser Angelegenheit wird wohl noch lange nicht gesprochen sein.

Erschienen: 14. November 2010 Wiler Zeitung

Link: www.wilerzeitung.ch/ostschwe...