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Viele kamen, um Adieu zu sagen

Dienstag, 20. September 2011

Über 40 Jahre und in der dritten Generation führten Hedy und Hans Rüegger in Schönholzerswilen ihren Getränkehandel. „Es war eine schöne Zeit, aber nun bin ich auch froh, dass ich loslassen kann“, lacht der bald 70-jährige Hans Rüegger, als er sich am Freitag von seinen langjährigen Kunden, ja vom ganzen Dorf, mit einem kleinen Fest verabschiedete.

CHRISTOF LAMPART

40 Jahre sind in der Geschäftswelt eine lange Zeit. Dass ein Unternehmen so lange überlebt, ist nicht selbstverständlich. Doch selbstverständlich war für Hans und Hedy stets etwas anderes: der volle, persönliche Einsatz. Zwar ist am letzten Tag ihr Getränkemarkt schon ziemlich leer, aber bedient wird jeder so, als hätte das Geschäft erst seit zwei Wochen geöffnet und die jungen Betreiber müssten alles tun, um sich ihre Kundschaft bei der Stange zu halten. „Irgendwie sind wir es uns halt nicht anders gewohnt“, lacht Hedy.

Mit allen sofort per Du

Bei Rüeggers – das fällt sofort auf – kauft man nicht nur ein, sondern tauscht Neuigkeiten aus, hört einander zu, reisst den einen oder anderen träfen Witz und lacht anschliessend gemeinsam darüber. Dass hier spätestens alle noch dem zweiten Besuch per Du sind, versteht sich irgendwie von alleine. „Dass Hans und Hedy jetzt schliessen ist schade, aber kann sie irgendwie verstehen“, meint Walter Peterer, ein Metzger, der an diesem Nachmittag auf einen Sprung vorbei schaut. So wie viele, die in den letzten Jahren Rüeggers die Reverenz erwiesen, und es heute noch einmal tun wollen. Und der Zeltbauer Markus Hug aus Altishausen, sagt, was in diesem Tag wohl viele zumindest denken: „Schade, dass es Euren Laden jetzt nicht mehr gibt.“

Dass Rüeggers nun aufhören, hat dennoch eindeutig mehr mit Wollen, denn mit Müssen zu tun. Klar seien kleine Getränkehändler wie sie in den letzten Jahren immer mehr unter Druck geraten, als die Grossverteiler ihre Sortimente massiv ausbauten. Aber allein daran liegt es nicht. „Irgendwann“, so erklärt Hans bei Kaffee und Kuchen bedächtig und hebt, nach einem kurzen Zögern, noch einmal von vorn an, „irgendwann muss man einfach einmal aufhören.“ Und Hedy stimmt dem zu: „Wir haben genug gearbeitet.“

Wald pflegen, Haus umbauen

Tatsächlich  sieht es rückblickend fast ein wenig danach aus, als wären die Rüeggers einer anderen Zeit entsprungen. Als Hans nach dem Tod seines Vaters Alfred das Geschäft 1971 übernahm, bildete der Verkauf von Most und Mineralwasser nur eines von vielen Standbeinen wie die eigene Landwirtschaft, die Camion-Fahrten für die Bahn und – die Kohlentransporte in der ganzen Region. Letzteres ging mit dem Aufkommen der Ölheizungen in den 1970-er Jahren immer weiter zurück, während dessen der Getränkehandel so boomte, dass im 1995 ein neues Ladenlokal gebaut und eingerichtet wurde. Wehmut über die Schliessung kommt bei den Rüeggers nicht auf. „Ich habe noch einen grossen Wald zum pflegen und wenn eine meiner Töchter mit ihrer Familie hierher zieht, dann werden wir das Haus umbauen; langweilig wird uns so schnell garantiert nicht“, so Hans Rüegger.