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Schuld an Unfall zurückgewiesen

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Bei Arbeiten in der KVA Thurgau in Weinfelden fiel einem Hilfsarbeiter ein ungesichertes Geländerteil auf den Kopf und verletzte ihn. Zwei Mitarbeiter wurden verurteilt – nun rekurrierten sie vor Obergericht.

CHRISTOF LAMPART

 FRAUENFELD. Das Bezirksgericht Weinfelden hatte am 23. April zwei Mitarbeiter einer Gerüstebaufirma in Weinfelden wegen fahrlässiger Gefährdung durch Verletzung der Regeln der Baukunde und fahrlässiger schwerer Körperverletzung verurteilt – zu 50 Tagessätzen à 80 Franken beziehungsweise zu 60 Tagessätzen à 50 Franken bedingt, bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie zu einer Busse von jeweils 500 Franken (ersatzweise sieben respektive zehn Tage Freiheitsstrafe). Zudem müssen sie die Verfahrenskosten in Höhe von 12 806 Franken übernehmen.

Freispruch verlangt

Dagegen rekurrierten die Männer vor dem Obergericht in Frauenfeld. Sie verlangten einen Freispruch, eine entsprechende Entschädigung und dass der Staat die Gerichtskosten übernimmt. Ihr Verteidiger begründete dies damit, dass es keine allgemein anerkannte Regel der Baukunde bezüglich der Montage von Bordbrettern gebe, welche verhindern, dass Gegenstände von Gerüsten herunterfallen. Es gebe verschiedene Meinungen, aber keine allgemeingültige Doktrin. Das Gerichtsurteil wird den Parteien schriftlich eröffnet.

Teile in falscher Reihenfolge

«Ich möchte, dass die Wahrheit ans Licht kommt», erklärte einer der beiden Angeschuldigten, ein 47jähriger Montenegriner, welcher beim besagten Vorfall Gruppenführer war. Der Mitangeklagte, ein 36jähriger Deutscher, wollte keine Angaben mehr machen. Auch der Kläger wohnte dem Prozess stumm bei. Was nicht verwunderte, denn der relevante Sachverhalt wurde von keiner Partei bestritten.

Was war passiert? Im Sommer 2008 war ein vier Mann umfassendes Team im Verbrennungsofen der KVA Weinfelden mit dem Aufbau eines Gerüstes beschäftigt. Während der Arbeit reichte der unterste Mann zwei Teile in einer falschen Reihenfolge hinauf. Dies wurde erst ganz oben vom erfahrenen Gruppenleiter bemerkt, als das nächste Teil bereits schon unterwegs war. Da die Teile schwer sind, die Platzverhältnisse eng waren und einer der unteren Arbeiter kurz, für weniger als eine Minute, seinen Platz in der Kette verliess, um benötigtes Arbeitsmaterial zu holen, deponierte der Gruppenchef das Teil – ein 9,8 Kilo schweres Geländer – kurz bei sich, ohne es zu sichern. Die Bordbretter waren noch nicht angebracht worden, weil dadurch wegen der engen Platzverhältnisse das Hochreichen der Teile massiv erschwert worden wäre.

Ins Rutschen geraten

Das falsche Teil wieder herunterzureichen, sei nicht möglich gewesen, da ja der eine Arbeitskollege gefehlt habe, erklärte der Verteidiger. Just als jener Arbeitskollege wieder den Raum betreten habe, sei das Teil hinuntergestürzt, wo es dann den Kläger am Kopf traf. Dies passierte, weil das Metallgeländer auf eine Metallfläche abgelegt worden war. Und Metall, das auf Metall gelegt wird, gerät bei Vibrationen, wie sie bei einer Gerüstmontage zwangsläufig vorkommen, automatisch ins Rutschen.