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Positive Trauerarbeit dank Hilfe

Freitag, 26. April 2013

Seit 2006 hat das Care Team Thurgau in 235 Fällen Hilfe geleistet, wenn es darum ging, Betroffene und Angehörige unmittelbar nach schweren Unglücksfällen oder Verbrechen zu betreuen.

CHRISTOF LAMPART

FRAUENFELD. An einer Medienkonferenz, welche am Donnerstagvormittag im Rapportraum der Kantonspolizei in Frauenfeld stattfand, unterstrich Thomas Althaus, selbst Psychiater von Beruf, die Wichtigkeit der sofortigen psychologischen Hilfe vor Ort. «Unser Ziel ist es, die Betroffenen in der akuten Situation so zu stabilisieren, dass sie selbst zu einer positiven Trauerarbeit finden und nicht später eine akutpsychiatrisch behandlungsbedürftige Krise entwickeln.» Zumal nicht nur das Ereignis traumatisierend sein kann, sondern auch die Einweisung eines Menschen in eine psychiatrische Klinik selbst. «Da kann es passieren, dass es zu einer weiteren Traumatisierung und Stigmatisierung kommt», weiss Althaus.

Für den Thurgauer Kantonsarzt Max Dössegger – er ist Althaus' direkter Vorgesetzter in Sachen Care Team Thurgau – ist diese ebenso idealistische wie professionelle Hilfstruppe deshalb «eine anhaltende Erfolgsgeschichte, denn so konnten wir vielen Menschen helfen, die es ansonsten schwer gehabt hätten, wieder ins normale Leben zurückzufinden».

Rund um die Uhr einsatzbereit

Dem Care Team Thurgau gehören gegenwärtig rund 40 Frauen und Männer an, welche sich vor allem aus Mitgliedern eines helfenden Berufes wie Ärzte, Psychologen, Theologen, Pflegende, Sozialarbeiter oder Sanitäter zusammensetzen. Im Schnitt leisten diese 40 Helfereinsätze im Jahr, wobei im vergangenen Jahr Suizide (13), natürliche Todesfälle (10) und Unfalltote (6) den Hauptteil ausmachten. Die Kosten fürs Care Team Thurgau belaufen sich auf 60 000 Franken und werden vom Kanton Thurgau getragen. Das Care Team Thurgau ist rund um die Uhr, also 365 Tage im Jahr, einsatzbereit; ein entsprechender Pikettdienst ist eingerichtet. «So können wir das rasche Erscheinen vor Ort garantieren», betont Althaus. Nichtsdestotrotz wünschte sich Althaus noch den einen oder anderen Helfer mehr. «Wenn wir 45 Personen und somit einen gewissen Puffer hätten, wäre das ideal», erklärt Thomas Althaus. Wer sich fürs Mitmachen entscheide, müsse jedoch auch in Stresssituationen seelisch ausgeglichen und auch sehr flexibel einsetzbar sein.

Für grosse Ereignisse gerüstet

Das ist umso wichtiger, da die Fälle auch immer schwieriger werden. «Wir mussten schon die Erfahrung machen, dass im Zeitalter der sozialen Medien Bilder und Meldungen schon auf Youtube und Facebook waren, bevor wir eintrafen. Dies hatte zur Folge, dass sich viele Verwandte und Bekannte auf den Weg zum Unfallort machten, was für uns die Arbeit massiv erschwerte», schildert Althaus ein Phänomen, das bei der Gründung des Care Team Thurgau im Jahr 2006 noch gänzlich unbekannt war.

Doch grundsätzlich gilt, dass das Care Team Thurgau auch für grosse Ereignisse gut gerüstet ist. So wurde im Vorfeld des eidgenössischen Schwingfestes 2010 in Frauenfeld intern das Szenario durchgespielt, wie das Care Team Thurgau bei einem Einsturz der Tribüne zu handeln hätte. «Wir wären bereit gewesen», erklärt Dössegger, «aber wir sind natürlich sehr froh, dass wir nichts zu tun hatten.»