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Mit Krabbeltieren auf Zeitreise

Donnerstag, 24. Februar 2011

Käfer gibt es schon seit Millionen von Jahren. Dementsprechend spannend sind historische Funde – erlauben sie doch Rückschlüsse auf ihre damalige Umgebung. Besonders „beliebte“ Fundstellen sind Brunnen aus der Bandkeramik-Zeit. Aber auch am Bodensee wurden bereits prähistorische Krabbeltiere gefunden.

CHRISTOF LAMPART

Wenn die renommierte Biologin Edith Schmidt vom Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg über ihre Arbeit als „Zeitdetektivin“ spricht, wie sie das am Dienstagabend im Museum für Archäologie des Kantons Thurgau in Frauenfeld tat, dann eröffnen sich den Zuhörern mitunter ganz neue Verständnis-Welten. Dabei sind es nie ganze Insekten, die den Weg auf den Arbeitstisch der Forscherin finden, sondern eher Krümel. „Das sind dann maximal sechs Millimeter grosse Stücke, die ich aus einer braunen Masse heraussuchen muss“, erklärte Schmidt.

Feuchtes Bodenklima wichtig

Doch aus diesen Partikeln  lässt sich einiges herauslesen. Vor allem jungsteinzeitlichen Fundstellen wie die bandkeramischen Brunnen von Erkelenz-Kückhofen, Zwenkau und Altscherbitz (Deutschland), welche über 7000 Jahre alt sind,  sind für die Forscherin ein Glückfall. Denn in den von Menschen wieder über einen längeren Zeitraum aufgefüllten Hohlräumen hat sich ein dauerfeuchtes Bodenklima erhalten, das von Nöten ist, um die Flügeldecken, Käfer-Hälse und -Kopfteile zu erhalten, mit denen sich Schmidt befasst. Und mit denen sie die Umgebung „entschlüsselt“ und rekonstruiert , in der unsere Vorfahren lebten. Denn 7000 Jahre sind zwar für den Menschen eine lange Zeit, nicht aber für die Natur: „Die Insekten haben sich in dieser Zeit kaum verändert und brauchen somit heute noch die gleichen Lebensgrundlagen wie damals“, so Schmidt.

Thurgau: Mistkäfer und Stubenfliegen

Insekten aus dem Neolithikum wurden auch im Thurgau entdeckt. Allerdings waren diese weit weniger zahlreich und spektakulär als die Brunnenfunde in Deutschland. Doch das lässt sich unter anderem damit erklären, dass es – logischerweise – aufgrund des Bodensees in dieser Region schon immer genug Wasser gab – und es somit keiner Brunnen bedurfte, welche von Natur aus eine ideale „Insektenfalle“ abgeben. Aber immerhin hat es eine Laus in einem römischen Kamm aus Eschenz sogar ins Archäologische Museum nach Frauenfeld „geschafft“. Sowohl in Deutschland wie auch in Arbon-Bleiche fanden sich Insekten, die gerne in Siedlungsnähe leben: Käfer, deren Habitat der frische Dung von Schafen, Rindern und Ziegen ist, finden sich ebenso wie auch die Stubenfliege, die ohne Mensch und Haustiere schlichtweg nicht überlebensfähig ist. Allerdings waren die Dung-Funde in Arbon-Bleiche arm an Insektenresten, was für den Konservator des Museums für Archäologie Thurgau, Urs Leuzinger, ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass „der Kot wahrscheinlich aus der Winterzeit stammt, wenn keine Insekten rumkriechen“.

 

 

Erschienen am: 24.02.2011