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Massenmord im Untergrund: Ein Pilz soll dem Japankäfer den Garaus machen

Montag, 18. Januar 2021

Das Bundesamt für Landwirtschaft schlug Anfang Dezember Alarm: Der invasive Schädling Japankäfer könnte schon bald die Alpen überqueren und massive Schäden in den Obst- und Gemüsekulturen hinterlassen. Doch ein Pilz macht Hoffnung.

Der Japankäfer hat die Schweiz erreicht. Im Tessin wurde er im Juni des letzten Jahres erstmals nachgewiesen. Am 1. Dezember 2020 wurde dann im Süden des Tessins eine Eindämmungszone ausgeschieden; dies mit dem Ziel, eine weitere Ausbreitung des Käfers zu verhindern.

 

Denn der Japankäfer gilt als Quarantäneschädling, ist somit meldepflichtig und nicht nur in der Schweiz, sondern in der ganzen Europäischen Union der obligatorischen Bekämpfung unterstellt.

Mit Fallen und Wärme bekämpfen

Zwar ist das Insekt hierzulande noch nicht so weit vorgedrungen, dass es schon in Bälde die Thurgauer Obstkulturen plündern würde, doch auf die leichte Schulter nimmt bei den für die Schädlingsbekämpfung zuständigen Stellen im Kanton Thurgau das kleine Tier niemand. Denn zum einen können die Fressschäden, welche der Eindringling an Pflanzen, Blüten und Früchten hinterlassen kann, ein grosses Ausmass annehmen. Und zum anderen will man das unerwünschte «Sesshaftwerden» des Käfers so lange wie möglich verhindern.

Urs Müller, Leiter Obst Gemüse Beeren beim Landwirtschaftlichen Bildungs- und Beratungszentrum Arenenberg, ist zuversichtlich, dass die Überwachungszone, welche das Kompetenzzentrum der Schweiz für landwirtschaftliche Forschung, Agroscope, nördlich der Alpen per Fallennetz eingerichtet hat, gute Dienste verrichten wird. Dass dieses «Netz» noch nicht bis in den Thurgau ausgedehnt wurde, sei nicht schlimm:

«Mit den Fallen kann man gut nachverfolgen, ob und wie sich der Japankäfer verbreitet und dann gezielt entsprechende Massnahmen treffen.»

Solche, wie sie schon beispielsweise beim erstmaligen Auftreten des Laubholzbockkäfers in unseren Breitengraden, Anfang der 2010er-Jahre, getroffen wurden. «Der Bund hat damals beschlossen, dass bei Importen aus Asien die gelieferten Hölzer und Paletten mit Wärme behandelt werden müssen. So haben wir es geschafft, dass der Schädling bei uns nicht mehr auftritt», weiss Müller zu berichten.

Zeit zu gewinnen, ist wichtig

Bei der Bekämpfung setzt Müller, zumindest mittel- und langfristig, auf ein Forschungsprojekt, das die Agroscope aktuell im Verbund mit der ETH Zürich vorantreibt. Bei diesem werden auf den Japankäfer «abgerichtete» entomopathogene Pilze gezüchtet und diese dann gezielt in den Boden eingebracht. Das Prinzip an sich ist nicht neu, aber bewährt. Müller sagt:

«Wir setzen die Methode schon seit Jahrzehnten erfolgreich im Kampf gegen die Maikäferengerlinge ein.»

Ein entomopathogener Pilz ist ein Pilz, der als Parasit Insekten beziehungsweise deren Larven im Boden befällt, sodass diese entweder getötet oder schwer behindert werden. Der Pilz wird von Fachpersonal in den Boden gesät, wo er sich dann ausbreitet und die Fläche unterirdisch von der Schädlingsbrut, in diesem Fall von den Japankäferlarven, befreien soll.

Laut Urs Müller zeigte es sich sogar in Tests, dass einzelne Pilzstämme einen höheren Wirkungsgrad hatten, wenn diese auf die Käfer appliziert wurden. Dass es der Forschung gelingen könnte, den Japankäfer auf lange Sicht von der Thurgauer Scholle wegzuhalten, glaubt Urs Müller hingegen nicht: «Früher oder später ist der Käfer bei uns. Wenn er nicht von selbst über die Alpen kommt, dann vielleicht mit einem Lastwagen durch den Gotthard. Aber wenn wir geschickt vorgehen, können wir seine Ankunft um zehn bis zwanzig Jahre hinauszögern und in der Zwischenzeit Bekämpfungsmöglichkeiten entwickeln, die wirksam sind.»