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Kasimir und Karoline: Zu viel Klamauk im stillen Trauerstück

Samstag, 2. Juni 2012

Am Dienstagabend feierte die diesjährige Freilichtproduktion des Theater des Kanton Zürich, Ödön von Horvaths sozialkritisches Volksstück „Kasimir und Karoline“, in Andelfingen Premiere. Doch trotz Rummelplatzatmosphäre sprang der Funken noch nicht ganz über.

CHRISTOF LAMPART

Hoffentlich gilt auch für diese Produktion die Annahme, dass das Stück besser wird, je öfters es aufgeführt wird. Denn bei dieser Inszenierung (Regie: Markus Heinzelmann) blieb am Premierenabend zu vieles bruchstückhaft, so dass die Aufführung nicht wirklich einen berührte oder sogar richtig packte. Irgendwie plätscherte nicht nur der Brunnen in der Nàhe die ganze Zeit, sondern auch das Stück dahin. Und das war wirklich schade, dann das Setting auf dem Löwenhof-Platz (Bühne und Kostüme: Jan Müller) war hervorragend und atmosphärisch stimmig und liess beim anfänglich gut gelaunten und am Ende artig applaudierenden Publikum schon vor dem ersten Satz hohe Erwartungen keimen.

Fehlende Zusammenhänge

Die Rummelplatzatmosphäre – zu sehen war die bunte Kulisse eines Fahrgeschäfts, auf dem sich die Protagonisten hin- und her bewegten – stand im krassen Kontrast zu den trostlosen Verhältnissen von Kasimir (herrlich trotzig-tollpatschig: Andreas Storm), der es trotz der Liebe von Karoline (ziemlich blass: Cathrin Störmer) nicht schafft, aus seinem Milieu auszubrechen. Auch die übrigen Protagonisten schafften es  an diesem Abend leider leistungsmässig nicht übers graue Mittelmass hinaus und verblassten gegenüber dem arbeitslosen Chauffeur Kasimir. Woran das gelegen haben mag? Vielleicht auch daran, dass manche Zusammenhänge im Dunkeln  bleiben. Warum der notgeile Kommerzienrat Rauch (gekonnt schmierig: Stefan Lahr) auf einmal Karoline zurückstösst, erhellt sich beispielsweise nicht auf der Bühne. Gar blass wirkte auch Brencis Udris als Schürzinger, was auch an der biederen Rolle an sich liegen mag.

Kitschige Songs

Dem Kleinganovenpaar Merkl Franz (Pit Arne Pietz) und Erna (Vivien Bullert) nimmt man hingegen seine kriminelle Energie nicht ab. Da reicht es nicht, dass er eine halbe gefühlte Ewigkeit – das Stück spielt ja auf dem Münchner Oktoberfest – Bierkrüge hin- und herschiebt und diese wiederholt auf den Tisch knallt. Nicht weiter auf- oder abgefallen ist André Frei als Speer. Das kann von Christine Hasler in ihrer Doppelrolle als Elli/Musikerin nicht behauptet werden. Doch war auch ihre Darbietung zwiespältig. Denn während sie als Elli ihre Sache gut machte, waren die poppigen Eigenkompositionen, welche sie singend und Gitarre spielen vortrug, so schnulzig und nichtssagend, dass einem schon beim Zuhören das gefühlsmässige Grauen packte. Falls dieser Effekt bewusst herbei geführt wurde, um das Stück, dem von Beginn an eine ganz eigenartige, stille Trauer eigen ist, „aufzuhellen“, dann ist es auf  jeden Fall gelungen. Nötig war es jedoch auf keinen Fall.