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«Immer mit einem Bein im Gefängnis»

Samstag, 9. April 2016

Schon bald entscheiden die Flawiler über die Verselbständigung der Technischen Betriebe Flawil (TBF). Am Infoanlass vom Donnerstag wurde zwar die eine oder andere kritische Frage gestellt, Fundamentalopposition hingegen wurde keine laut. CHRISTOF LAMPART

 

FLAWIL. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, sollen die TBF mehr Handlungsspielraum erhalten. Deshalb entscheiden die Stimmberechtigten an der Bürgerversammlung vom 26. April über deren Verselbständigung. Neben der Änderung der Rechtsform in ein selbständig öffentlich-rechtliches Unternehmen durch einen Nachtrag zur Gemeindeordnung ist auch ein Reglement notwendig.

Eigenständig Einkaufen

Wie der Flawiler «Versorgungs»-Gemeinderat Erwin Thalmann vor rund 30 Frauen und Männern darlegte, ist die Rechtsänderung «ein Muss», denn streng gesehen stünden die Verantwortlichen beim Stromeinkauf heute «immer mit einem Bein in Gefängnis». Denn nach geltendem Recht gehörten alle grösseren Stromeinkäufe per Budget abgesegnet. Doch in der Praxis funktioniere dies im höchst volatilen Strommarkt nicht, denn dieser verlange vom Einkäufer TBF eine grosse Flexibilität. Es sei deshalb extrem wichtig, dass die TBF in Zukunft eigenständig Verträge mit den Kunden abschliessen können. An den Besitzverhältnissen und der Gewinnausschüttung – erwartet wird, dass die Werke weiterhin 1,2 Mio. Franken jährlich in die Gemeindekasse spülen – ändert sich nichts. Hingegen sei ein aus Profis (und einem Gemeinderat) bestehender Verwaltungsrat Garant dafür, dass die TBF gut aufgestellt blieben.

Fachleute aus Flawil

Jemand wollte wissen, warum man nicht das Modell einer reinen AG weiterverfolge. Gemeindepräsident Elmar Metzger sagte, dass eine solche den Nachteil habe, dass der Gewinn versteuert und somit Geld an den Kanton abgeliefert werden müsse. Dies sei bei einem selbständigen Unternehmen, das sich in Gemeindehand befinde, nicht der Fall. «Wir wollen den Gewinn in der Flawiler Kasse haben», so Metzger. Andere wollten wissen, wie unabhängig der Verwaltungsrat sei. Dieser, so Metzger, müsse sich an die Richtlinien halten, die der Gemeinderat vorgebe. «Wenn wir im Gemeinderat feststellen, dass wir keinen Atomstrom mehr verkaufen wollen, dann wird kein Atomstrom mehr verkauft.» Auch die Verwaltungsratshonorare kamen zur Sprache. Diese würden sich auf «30 000 bis 50 000 Franken für alle Mitglieder belaufen». Es sei davon auszugehen, dass es monatlich mindestens zu einer Sitzung kommt. Auch lege man bei der Besetzung des Verwaltungsrates Wert darauf, dass Fachleute aus Flawil in die benötigten Chargen gewählt würden.

Keine Urnenabstimmung

Ein Mann wollte wissen, warum übers Geschäft an der Gemeindeversammlung und nicht an der Urne befunden werde. Laut Metzger sei eine Bürgerversammlung «mindestens so demokratisch» wie ein Urnengang, da man dort offen diskutieren könne. Auch würde beim Urnengang nur weitere Zeit unnütz verstreichen und die Zeit für alle Umstellungen – die neue Struktur soll bei einem Ja des Souveräns am 1. Januar 2017 in Kraft treten – sei jetzt schon knapp.