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Hoffentlich der Anfang einer Tradition

Montag, 30. Mai 2011

Mit einem in sämtlichen Belangen begeisternden und auch hohe Erwartungen vollauf erfüllenden romantischen Konzert riss das Projekt-Orchester „Wil meets Frauenfeld“ am Sonntagabend in der Wiler Kreuzkirche das Publikum buchstäblich von den Kirchenbänken.

CHRISTOF LAMPART

Wow! Dieses Fazit konnte man nach knapp zwei Stunden ziehen, in welchen Griegs Klavierkonzert in a-Moll (Solist Karl-Andreas Kolly) und Dvoraks neunte Sinfonie „Aus der Neuen Welt“ wie in einem Rausch an einem vorbeigezogen waren. 

Ein Ereignis erster Güte

Das durch und durch hochromantische Konzert war von einer musikalischen Qualität wie sie in der Region  leider nur allzu selten anzutreffen ist. „Wil  meets Frauenfeld“ war ein konzertantes Ereignis erster Güte. Das temporäre Zusammengehen von Stadtorchester Frauenfeld (Dirigent: Andreas Pfenninger) und Orchesterverein Wil (Dirigent: Kurt Pius Koller) war wirklich das, als was es im Vorfeld angekündigt worden war: ein Gemeinschaftskonzert. 77 Musikerinnen und Musiker verschmolzen zu einer musikalischen Einheit wie man sie  im Vorfeld nicht hätte erwarten, sondern höchsten erhoffen hätte dürfen.  Natürlich kam auch der Stückauswahl eine grosse Bedeutung zu, handelt es sich doch beiden Werken um grosse Kompositionen, die fast jeder kennt. Das eine, ein fulminantes Jugend-, dann andere ein abgeklärtes Alterswerk, beide jedoch vom ersten Moment an auf ihre Art fesselnd.

Ein esprithaftes Miteinander

Beides sind Werke, bei denen Musiker ins Schwelgen geraten und Dirigenten geradezu in den Klängen „baden“ können. Und genau das tat Pfenninger, dessen präzise Vorgaben den Streichern einen weichen, samtenen und zugleich „fluiden“ Klang entlockte , auf dem das prägnante, und doch sehr differenzierte Spiel Kollys sehr gut zum Tragen kam. Pfenninger vergass jedoch bei aller klanglichen Verklärung zu keinem Augenblick, dass er einen Solisten zu begleiten hatte. Und das taten er und das grosse Orchester mit wahrer Hingabe, so dass das Auditorium hier nicht ein schwammiges Neben-, sondern ein esprithaftes Miteinander erlebte. Wunderbar akzentuiert auch der „nordische“ Klang, der das ganze Stück durchwebte: von der  klar betonten, kaskadenhaften Eröffnung  durch das Klavier bis hin zum akzentuierten Posaunenklang. Kolly selbst wusste die Kadenzen nicht nur technisch brillant zu spielen, sondern mit innerem Feuer zu füllen, so dass man mitunter Stellenweise kurz als Zuhörer den Atem anhielt. Schon dieses Konzert wäre alleine das Eintrittsgeld wert gewesen.

Wehmütig und sehnsuchtsvoll

Aber es kam noch besser. Denn mit der Wiedergabe von Antonin Dvoraks neunter Sinfonie wurde wieder einmal offenbar, was Kurt Pius Koller mit einem grossen, talentierten Orchester zu leisten imstande ist. Ihm war mit jeder Faser seines Körpers anzumerken, dass diese Aufgabe für ihn eine Herzensangelegenheit war. Dementsprechend zupackend, dynamisch  und doch feinste Nuancen auslotend ging er zu Werk und trieb das Orchester dabei zur Höchstleistung an. Exzellent die klangliche Transparenz,  die beispielsweise den Ohren der Zuhörerschaft im „Allegro con fuoco“ während des marschartigen Hauptthemas schmeichelte. Generell wusste Koller dem Orchester jenen speziellen, wehmütig-sehnsuchtsvollen Klang zu entlocken, welcher dieses Stück gleichermassen so einzigartig und unsterblich werden liess. 

Das Publikum, vom Dargebotenen hingerissen, spendete dem „Wil meets Frauenfeld“-Orchester einen ebenso minutenlangen wie tosenden Applaus, so dass nur am Ende nur ein Wunsch übrig blieb: mögen sich doch die Frauenfelder und Wiler bitte öfters „treffen“. Die Musikliebhaber beider Städte würden es ihnen danken.