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Günstige Bücher gibt’s auch in Wil genug

Freitag, 9. Dezember 2011

In der Vorweihnachtszeit können sich viele Buchläden fast nicht des Kundenansturms erwehren. Doch während ein „Harry Potter“ immer ein „Harry Potter“ ist, sind die Preisberechnungen ganz unterschiedlich. Auch in Wil.

CHRISTOF LAMPART

Bücher sind Kulturgut, Bücher sind Massenware und – heutzutage auf fast allen Kanälen erhältlich. Während im vermeintlich teuren Buchladen vor allem jene schmökern, welche die persönliche Beratung schätzen und öfters auch einmal zu etwas Neuem greifen, kauft günstig und schnell online ein, wer schon genau weiss, was er haben will. Doch stimmt das auch? Und wie sieht die Situation in Wil aus? Da wohl selbst der eingefleischteste Leser nicht wegen eines Buchs fünf verschiedene Onlineportale und –Buchläden „abklappert“, bis er das günstigste Angebot eruiert hat, ist für viele ein (Preis-)vergleich fast unmöglich. Doch nun hat in diesem Jahr ein Student der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in St. Gallen (FHS St. Gallen), Matthias Fäh, in seiner „Bachelor Thesis“ eine wissenschaftlich fundierte „Image- und Konkurrenzanalyse“ über die Wiler Buchhandlung „adhoc“ verfasst, welche Antworten auf viele Fragen gibt. Doch was steht denn nun genau in der Arbeit?

Der Autor hat die grössten Buchhandlungen und deren Online-Shops auf dem Platz Wil verglichen -  also „adhoc“, „Vulkan“, „Orell Füssli“ und „Ex Libris“ – und bewertet. Die Preise als solches sind zwar heute – Mitte November – nicht mehr unbedingt aktuell, dürften aber tendenziell stimmen. Daran ändert auch nichts, dass die „Orell Füssli“-Tochter „Restseller“, welche im „Shopwil“ zuhause war, vor ein paar Wochen den Laden dicht gemacht hat.

Hohe Rücklaufquote

Doch wie kam es überhaupt zu dieser Arbeit? Wurde der Verfasser dafür von „adhoc“ bezahlt? „Nein, überhaupt nicht. Wir wurden von Herrn Fäh, der bei uns ein ganz normaler Kunde ist, angefragt, ob wir uns für dieses Praxisprojekt zur Verfügung stellen würden. Wir haben gerne mitgemacht. Denn es ist immer interessant, zu sehen, wo man im objektiven Vergleich zur Konkurrenz wirklich mit seinem Geschäft steht“, erklärt „adhoc“- Inhaber und CEO Natal Müller, auf Anfrage.

Doch vor allem dürften die Resultate der 115-seitigen Arbeit, welche im Zeitraum Mai/Sommer 2011 erhoben wurden, die Kunden interessieren, denn „daraus geht klar hervor, dass wir mit den Preisen in Konstanz mithalten können“, hat Müller nun „schwarz auf weiss“ vor sich „was ich schon immer gedacht habe.“ Dass es sich bei dieser Arbeit nicht um ein Zufallsresultat handelt, zeigt auch die Rücklaufquote der mehrteiligen Online-Umfrage: von 2985 angeschriebenen Personen beendeten 819 (27,37 Prozent) die ganze Umfrage.

Preisfrage Preisfrage

Auffallend ist, dass bei der Preisuntersuchung anhand diverser Bestsellerlisten die Preise für das ein- und dasselbe Buch weit auseinanderklaffen. Das dürfte mit der unterschiedlichen Preisgestaltung zusammenhängen. Während die Migros-Tochter „Ex Libris“ mit saftigen Rabatten, die sie auf den hohen Frankenkurs vornimmt, um ihre Kunden wirbt, verfolgt beispielsweise „ad hoc“  - als einzige unabhängige Buchhandlung auf dem Platz Wil - eine andere Philosophie, indem sie die Preise vom Euro in Franken umrechnet. Ein Verfahren, welches den Kunden im Durchschnitt – sieht man einmal von den aggressiv beworbenen Bestsellern ab – am Günstigsten kommt. „Wenn mich Kunden fragen, warum ich nicht auch 30 Prozent Rabatt gebe, dann frage ich stets zurück, ob sie lieber einen grossen Rabatt oder günstige Preise hätten. Das Rabatt-Denken zieht bei den Leuten sehr, auch wenn sie damit oft nicht günstiger fahren“, hat Natal Müller erkannt. Auch Fähs Arbeit bestätigt dies. Während bei „Harry Potter und die Heiligtümer des Todes“ „Ex Libris“ zum Zeitpunkt der Umfrage klar der Günstigste war, schneidet „Ad hoc“ bei vielen unbekannteren Belletristik-Büchern, aber auch im Sachbuchsektor (Duden, Merian-Reiseführer) preislich besser ab.  Interessant ist, dass, zumindest bei den untersuchten Büchern, der „Vulkan“ mit den beiden anderen „Platzhirschen“ zumeist preislich nicht mithalten kann. Eigentlich eine klare Sache – aber den Wiler Kunden fällt das nicht auf. Denn bei der Frage „Wie bewerten Sie den Preis bei den von ihnen genutzten Buchhandlungen/Geschäften?“ landen „Ex Libris“, „Weltbild“, „amazon.ch“, „Restseller“ und „robinbook.ch“ noch vor „adhoc“ und „Vulkan“.

Gut bis sehr gut: Beratung und Bekanntheit

Ausserordentlich geschätzt wird von den Kunden jedoch die Beratung in den Wiler Buchläden, wobei „adhoc“ und „Vulkan“ klar an erster Stelle genannt werden, während „Ex Libris“ mit einigem Abstand folgt. Bei der Bekanntheit liegt „adhoc“ mit 165 Nennungen an zweiter Stelle – nur geschlagen vom „Rösslitor“, St. Gallen, mit 183 Nennungen; der „Vulkan“ belegt hier mit 54 Nennungen nur Platz fünf. 

Auch die Onlineshops der Wiler Buchhandlungen können sich in Sachen Auswahl und Information sehen lassen. Doch genau betrachtet sind hier die Unterschiede zwischen „Vulkan“ und „adhoc“ riesig. Während  der „Vulkan“ 500‘000 Artikel im Onlineshop führt, sind es bei „adhoc“ sechs Mal  mehr, nämlich 3‘000‘000 – davon 2‘200‘000  Bücher.  Was dem Benutzer beim Vergleich der beiden Webseiten sofort ins Auge springt und nach einem Selbstversuch klar ersichtlich wird, ist die deutlich bessere Benutzerfreundlichkeit (Recherchetiefe) beim „adhoc“-Onlineshop www.mybooks.ch gegenüber www.vulkan.ch.

Eines steht jedoch  - unabhängig davon, welcher Buchhandlung man den Vorzug gibt  - fest: In Wil kriegt man jedes Buch, das man haben möchte, zu einem für den Leser nicht nur fairen, sondern oft sehr guten Preis. Solange es nicht gerade eine Gutenberg-Bibel sein muss.