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Gibt es bald Hochhaus-Dörfer im Thurgau?

Freitag, 29. April 2011

Für Regierungsrat Jakob Stark steht fest, dass im Thurgau zukünftig vermehrt in die Höhe gebaut werden muss. Nur so lasse sich der zunehmende Migrations- und Siedlungsdruck erfolgreich bewältigen, erklärte Stark.

CHRISTOF LAMPART

Der Vorsteher des Departements für Bau und Umwelt (DBU) äusserte sich dementsprechend an einer Podiumsdiskussion, welche im Rahmen der Ausstellung „wie bist du so schön – 50 Jahre Thurgauer Siedlung und Landschaft im Wandel“ am Mittwochabend in der Kantonsbibliothek in Frauenfeld über die Bühne ging. Der Abend widmete sich der Frage, wie stark der Thurgau von urbanen Zentren beeinflusst wird.

„Keinen Kuhdreck an den Hosen“

 Für „Credit Suisse“-Ökonomin Vivien Kappel hat sich der Thurgau in vielerlei Hinsicht positiv entwickelt. Niedrige Steuern, eine intakte Landschaft und eine gute Anbindung ans (öffentliche) Verkehrsnetz hätten dazu beigetragen, dass sich die Wohnbevölkerung in den letzten 50 Jahre fast verdoppelt habe. Auch ökonomisch sehe es für viele Thurgauer rosig aus, denn ziehe man alle vergleichbare Fixkosten wie Steuern, AHV, Krankenkasse und Mietzins ab, so rangiere „Mostindien“ in der Rangliste „Was einem im Portemonnaie übrig bleibt“ national auf dem vierten Platz. Wobei diese Summe zunehme, je weiter man zum Beispiel von Winterthur entfernt wohne. Da verwundere es nicht, wenn viele Familien aus der Grossregion Zürich aufs Land zögen, so Kappel. Jakob Stark sah dies ähnlich: „Wir haben hier doch schon einen gewissen urbanen Lebensstil. Wir laufen hier nicht mehr alle mit Kuhdreck an den Hosen rum und schauen auf die Städter – wie haben in vielerlei Hinsicht gegenüber den grossen Zentren aufgeholt“, so Stark.

Stark warnt vor Zersiedlung

Dieses Aufholen hat dazu geführt, dass sich die thurgauische Wohnbevölkerung in den letzten fünf Jahrzehnten fast verdoppelt habe. Doch jetzt gelte  es nicht mehr nur mehr Leute in den Thurgau holen, sondern vor allem auch mehr Firmen. Mit der Schaffung von Landzonen, welche explizit für die Ansiedlung grosser Firmen gedacht seien, habe man einen ersten Schritt getan, um sich vom (Pendler-)Sog in die urbanen Zentren zu lösen, so Stark. Damit der Thurgau jedoch nicht zersiedelt werde, müsse man in Zukunft nicht nur in den thurgauer Städten, sondern auch auf dem Land in die Höhe bauen. „Wir müssen dies machen, wenn unsere Wohnbevölkerung weiter anwächst. Sonst werden wir eines Tages einfach feststellen müssen, dass unser schöner Thurgau gar nicht mehr so grün ist, wie er vor nicht allzu langer  einmal war“, so Stark. Ähnlich argumentierte der Raumplaner Philipp Maurer. „Das Konzept der Zukunft kann nicht sein, dass möglichst viele Leute täglich vom Thurgau nach Zürich zur Arbeit fahren. Vielmehr muss man daran arbeiten, dass hier Arbeitsplätze entstehen.“

Städter wollen Stadt prägen

Christoph Helbling, Leiter des Hochbauamtes Frauenfeld, erklärte, dass Frauenfeld den Sog aus Zürich spüre – allerdings positiv. „Ich kriege viele Anfragen von Leuten aus Zürich, die hier gerne eine Wohnung oder ein Haus kaufen würden; denen helfen wir natürlich gerne.“ Aufgefallen sei ihm dabei, dass die schon urban geprägten Zuzüger nicht nur hier günstig, sondern auch „bewusst schöner wohnen und leben wollen“. Dies sei eine gute Voraussetzung, um die Stadt Frauenfeld auch in Sachen verdichteter Bauweise voranzubringen. „Diese Leute sind in der Regel sehr daran interessiert, dass sich die Stadt positiv entwickeln kann und bringen auch für Projekte, die dem Gemeinwesen dienen, ihnen vielleicht jedoch kleine Nachteile einbringen, mehr Verständnis auf“, so Helbling.