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Geschlossene Welt im Kästchen

Samstag, 16. Juni 2012

«Die Welt im Kästchen» heisst die Ausstellung mit kleinen Klosterarbeiten als Objekte der Andacht, die ab morgen im Ittinger Museum zu sehen ist.

CHRISTOF LAMPART

ITTINGEN. Laut dem Kurator des Kunstmuseums des Kantons Thurgau, Markus Landert, bildet die «Kästchen»-Ausstellung, deren Vernissage morgen Sonntag um 11.30 Uhr öffentlich begangen wird, mit ihrem offensichtlichen Bezug einen fixen Bestandteil zum Motto «Handwerk», das dieses Jahr die verschiedenen Ausstellungen und Veranstaltungen der Museen in Ittingen begleitet.

Eher als kitschig empfunden

Rein äusserlich betrachtet dürften wohl die wenigsten Zeitgenossen die ausgestellten Bilder und «Schaukästen» als ästhetisch schön bezeichnen. Ja, es ist sogar mit hoher Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass viele Menschen den Anblick der üppig ausgestatteten und bunten «Klosterarbeiten» als kitschig empfinden. Bunte Stoffblumen, pausbäckige Jesuskinder, fromm dreinblickende Nonnen und Mönche, perlenbestickte Stoffe, idealisierte Landschaften – nein, die gegenwärtige Ausstellung im Kloster Ittingen lädt trotz ihres Facetten- und Formenreichtums nicht zum Genuss für Aug und Herz ein.

Der Weg ist wichtig

Und doch ist sie sehr sehenswert. Denn es geht hier in erster Linie nicht um das Bild an sich, sondern um den Weg zu diesem. Nicht das Resultat macht hier jemanden selig, sondern das stete Bemühen darum. «Hier werden die ökonomischen Grundsätze bewusst ausser Kraft gesetzt, wonach Zeit gleich Geld ist», erklärt denn auch der Kurator des Ittinger Museums, Felix Ackermann. Will heissen: Wer im Kloster mit der Fertigung eines «Kästchens» beschäftigt war, zählte vielleicht vieles, aber ganz sicher nicht die Stunden, die er mit der Fertigung zubrachte. Denn dem handwerklichen Arbeiten im Kloster kam – auch wenn einige Klosterarbeiten gegen Geld ausgeführt wurden – vor allem eine meditative Komponente zu. Hingegen wurde durch die Verwendung von teuren und aufwendig verarbeiteten Materialien nach aussen hin bewusst der Aufwand verdeutlicht, der für die Herstellung eines solchen «Kästchens» betrieben wurde.

Besonders beliebt bei den dreidimensionalen Miniaturen waren dabei Christuskinder aus Wachs, die reich gekleidet sind und in einem paradiesischen Garten ruhen. Aber auch Szenen aus der Passion oder aus dem Leben von Heiligen sind in vielen Vitrinen zu sehen. Daneben gibt es aber auch Exoten, wie jenes «Kästchen» aus dem Kloster St. Katharinental, das keine himmlischen Freuden darstellt, sondern die Höllenqualen von Sündern festhält. Und ab und an sind auch Ordensleute selbst zu sehen – zum Beispiel in inniger Andacht. Andere Miniaturen halten ganz bestimmte Momente im Leben eines Menschen fest. Ein vergilbtes Foto samt Brautkranz und Schleife erinnert beispielsweise an den Hochzeitstag, die Kirchenszene eine Nonne an die einst erlebte Profess.