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Gesang der Goldkehlen aus Wien

Montag, 4. Februar 2013

Am Samstagabend gastierten die Wiener Sängerknaben in Amriswil. Es war der letzte Auftritt einer langen Mitteleuropa-Tournée. Das merkte man dem Chor auch an – er klang an manchen Stellen ein wenig dünn.

CHRISTOF LAMPART

AMRISWIL. Weder den rührenden Organisatoren wünscht man es noch dem gut gelaunten Publikum und schon gar nicht den Aufführenden. Eilt den Wiener Sängerknaben doch der Ruf voraus, einer der allerbesten, wenn nicht gar der beste Knabenchor der Welt zu sein. Am Samstagabend aber konnte man sogar sehen, dass die Grippewelle unter den Knaben gewütet hatte. Nur 21 Buben standen vor ihrem Dirigenten.

Auch Heimweh-Wiener sind da

Zum Tournée-Finale im Amriswiler Pentorama waren auf der anderen Seite gut 700 erwartungsfrohe Besucher gekommen, zur Hälfte mit graumelierten Haaren – die an diesem Abend den Saal fast zur Gänze füllten. Auffallend viele österreichische Dialekte sind zu hören: Etliche Vorarlberger sind da, aber auch Heimweh-Wiener muss es darunter haben. Fans kommen oft von weit her – man könnte fast von einem Heimspiel sprechen. Von lokaler oder kantonaler Kulturprominenz ist nichts zu sehen.

«Er soll emol cho!»

Einer, der gerne gekommen wäre, der Organist der hiesigen katholischen Kirche, liegt nach einem Skiunfall mit gebrochener Hand darnieder. So etwas erfährt das Publikum während der Begrüssungsansprache. Oder dass der Stadtammann samt Gattin im Publikum sitzt – und derlei mehr. Doch das interessiert in diesem Moment die Wenigsten. Schon wenige Minuten vorher rief ein Mädchen «Er soll emol cho!» durch den Saal – und das nicht nur einmal. Gemeint war wohl nicht der Moderator, sondern der Chor.

Dann fängt es endlich an. Komplexe barocke Wechselgesänge sind zwar nicht gerade ein einfacher Beginn – weder für die Singenden noch für die Lauschenden –, aber es zeigt deutlich, was die Buben gesanglich drauf haben. Danach geht es Schlag auf Schlag weiter. Schubert, Schumann, Volkslieder und kurz vor der Pause der berühmte Eingangschor aus Orffs Carmina Burana, «O Fortuna». Harzte es am Anfang noch ein wenig, so konnte das Publikum nach der Pause mit dem Dargebotenen mehr als zufrieden sein; auch wenn der Chor verständlicherweise stellenweise etwas dünn klang. Mit einer musikalischen Weltreise in acht, neun Sprachen, die mit «Du fragsch mi, wär i bi» besinnlich ausklang, endete ein Abend, den das Publikum anhaltend bejubelte – es war ein schönes Gesamterlebnis.