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Geothermie könnte für Bischofszell die Lösung sein

Freitag, 16. September 2011

Geothermie in grossem Stil in Bischofszell? Das ist für Energie-Experten ein durchaus realistisches Szenario. Dies zeigte sich am von der CVP Bischofszell und Umgebung organisierte Energieforum Bischofszell, dass sich dem Thema „Nachhaltige Energie – Wege aus der Atompolitik“ widmete.

CHRISTOF LAMPART

Das Energieforum Bischofszell 2011, welches am Mittwochabend in der Aula Sandbänkli vor rund 70 Personen vonstattenging, wartete mit sechs hochkarätigen Referenten auf. Moderiert wurde der Abend durch den CVP-Kantonsrat und Energiepolitiker Josef Gemperle, Fischingen.

Sehr gute Idee, sehr hohe Kosten

Für  den Geologen Roland Wyss, ist Bischofszell einer jener Orte im Thurgau, die sich für geothermische Bohrungen eigneten. Denn hier befänden sich in drei Kilometer Tiefe genug wasserführende Schichten mit einer Temperatur von gut 130 bis 140 Grad Celsius. Das reichte, um das Wasser an die Oberfläche zu transportieren und dann daraus Dampf zu gewinnen, welcher anschliessend in Strom umgewandelt werden müsse. Was von der Idee bestechend ist, hat jedoch einen finanziellen Haken, beliefen sich doch die Investitionen für ein geothermisches Kraftwerk im hohen zweistelligen Millionenbereich.

Auch der kantonale Stromversorger, die EKT Holding AG, könne nicht alleine solche Summen stemmen, um ein geothermisches Kraftwerk zu realisieren, erklärte deren CEO, Markus Schüpbach. Doch sei man sehr daran interessiert mit den anderen Energieversorgungsunternehmen generell bei der nachhaltig produzierten Energie zusammen zu arbeiten, werde diese doch stark nachgefragt. „Wir haben im Mai unser Naturstrom-Produkt lanciert und sind beim im Thurgau produzierten Bio-Strom bereits ausgeschossen“, so Schüpbach.

„Irgendwann müssen wir verzichten“

Kurt Egger, Leiter Energiestadtlabel, freute sich, dass Bischofszell sich dazu entschlossen habe, „Energiestadt“ zu werden. Das Label Energiestadt zeichnet vor allem überdurchschnittliche Leistungen von Städten im Energiebereich aus, bezeichnet und unterstützt es doch eine konsequente und nachhaltige Energiepolitik. Um das Label zu erhalten muss die Gemeinde von insgesamt 87 Massnahmen mindestens 50 Prozent erfüllen.

Der Leiter der Technischen Betriebe Bischofszell, Urs Gamper, rechnete vor, dass sich jeder einzelne selbst in Sachen Energiekonsum hinterfrage sollte. „Seit 1950 haben wir den Energieverbrauch um das Fünffache und letztes Jahr um 4,4 Prozent gesteigert.“ Dass dies nicht unbeschränkt gut gehen kann, ist ihm klar: „Wir werden uns, wenn das so weiter geht, wohl irgendwann nicht nur irgendwie einschränken, sondern auch auf etwas verzichten müssen.“

„Bischofszell ist für die Migros wichtig“

Der Leiter des kantonalen Amtes für Energie, Andrea Paoli, bezeichnete das kantonale Energieförderungsprogramm sei eine Erfolgsgeschichte ohne absehbares Ende. 2010 habe man mit 24 Mio. Franken an Subventionen 170 Mio. Franken an Investitionen auslösen und gegen 1‘000 Arbeitsplätze im Thurgau schaffen können, so Paoli.  

Für den Unternehmensleiter der Migros-Tochter „Bischofszeller Nahrungsmittel AG“, Otmar Hofer, ist Energieeffizienz wichtig. „Wir denken, dass wir zuerst die Bewirtschaftung im Energiepool vornehmen müssen, den wir bereits im Haus vorfinden. Wir haben ein riesiges Potenzial an Abwärme. Wir arbeiten ständig daran, diese durch intelligente Systeme wieder zu verwenden. Wir investieren in solche Systeme – auch wenn diese relativ lange „Payback“-Zeiten haben, denn „der Standort Bischofszell ist für die Migros sehr wichtig.“

Geothermie – wie gross ist ihr Potenzial?

Das theoretisch erschliessbare Potenzial der Stromerzeugung aus geothermischen Ressourcen nach 2050 wird für die Schweiz auf etwa 17 Terrawattstunden pro Jahr geschätzt (Axpo, 2007). Das entspricht der Leistung von mehr als zwei Kernkraftwerken in der Grösse von Gösgen und würde rund 30 Prozent des heutigen schweizerischen Elektrizitätsverbrauch in der Höhe von ca. 58 Terrawattstunden decken. (art./pd.)