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Experiment Sommeratelier geht in die nächste Runde

Mittwoch, 13. Juli 2011

In den letzten Tagen war Berti Waldburger mit Packen beschäftigt. Denn die Frauenfelder Kunstmalerin bereitete sich aufs „Sommeratelier“ vor, das sie heute Donnerstag im Kloster Fischingen beziehen wird. Doch was sind diese Fischinger „Sommerateliers“ eigentlich?

CHRISTOF LAMPART

„Ja, was sind die Sommerateliers eigentlich?“. Der Direktor des Klosters Fischingen, Werner Ibig, rührt in seinem Kaffee, als er sich selbst diese Frage auf der Zunge zergehen lässt. „Ich denke, dass es vor allem ein Experiment ist“, antwortet Ibig, nach kurzem Nachdenken. Und fügt gleich darauf hinzu: „Das Spannende an einem Experiment ist es ja, dass man nicht wirklich weiss, was dabei herauskommt.“

Wer weiss, was wird?

Damit liegt Werner Ibig ganz auf der Linie von Berti Waldburger.  „Ich werde mich auf den Ort einlassen und schauen, was die Menschen, die Umgebung, die Natur in mir auslösen werden“.  Rund 25 bis 30 Bilder wird sie ab dem 21. August im Kreuzgang präsentieren, doch werden die wenigsten im Kloster-Westflügel entstehen, wo sie während dreier Wochen in einer sehr einfachen Wohnung hausen wird. „Ich nehme mir vor, wöchentlich ein grosses Bild zu malen. Vielleicht werden es ja aber auch mehr – das kann ich heute noch nicht sagen“, so Berti Waldburger.  Vor etwas mehr als einem Jahr hatte sich Waldburger beim zufälligen Zusammentreffen mit ihrem ehemaligen Studienkollegen Werner Ibig ausgetauscht und sich dann alsbald für das Sommeratelier beworben. „Ich schickte ein paar Bilder ein und bekam bald darauf den Bescheid, dass ich kommen könne“, erinnert sich Waldburger. Die Frauenfelderin malt auf eine ganz spezielle Art: sie verarbeitet mit ihren Händen Oilsticks und Ölfarbe auf der Leinwand. Doch Waldburger malt nicht nur, sie schreibt auch tiefsinnige Texte zu ihren Bildern und improvisiert über das Gemalte, Gefühlte, Gesehene gerne auf ihrem Kontrabass. „Am liebsten um fünf Uhr nachts; ich hoffe nicht, dass die Mönche damit ein Problem haben werden“. So wie es aussieht, könnte Waldburgers Klosteraufenthalt auch für die Mönche zum „Experiment“ werden.

Bohemian Rhapsody

Ihre temporäre Wohnung im ältesten Bau des Klosters atmet jenen Charme, welche nur der nagende Zahn der Zeit und konsequenter Geldmangel gemeinsam hervorzubringen vermögen. Das ist nicht einmal für einen an allerlei Entbehrungen gewöhnten Bohemien eine „gute Stube“, jedoch die perfekte Plattform für das, was es sein soll: örtlicher Ausgangspunkt für ein Experiment, welches nicht nur Kunst hervorbringen, sondern auch das Seelenleben des Künstlers an- und bereichern soll. Schon beim ersten Augenschein weiss man, dass hier die bei Ferienwohnungen gängigen Minimalstandards konsequent „unterschritten“ werden. Und - viel gemacht wird hier in den nächsten Wochen oder Monaten eh nicht, denn dieser Klosterflügel wird in den nächsten Jahren Teil einer umfassenden Sanierung sein. Doch gerade diese „Übergangszeit“ macht das Ganze so spannend. Vielleicht ist Waldburger die letzte Künstlerin, die in dieser Wohnung wirken wird? Dennoch hat die Künstlerin bescheidene  Wünsche bezüglich eines Minimalstandards. „Als ich mit Werner (Ibig) letzte  Woche mal durch die Wohnung bin, habe ich ihm zwar schon gesagt, dass da noch einmal Staub gewischt werden muss“, lacht Berti Waldburger.

Behängen und Bereichern

Doch Luxus kann ein Künstler, eine Künstlerin, die sich um das Experiment „Sommeratelier“ in Fischingen bewirbt, nicht erwarten. Da warten weder Whirlpool, noch Zimmerservice auf die Musentochter. Gegessen wird mit dem Personal des Vereins St. Iddazell, was Kontakt schafft zu den Menschen, die im Bildungshaus arbeiten. Das, wiederum, kommt für die Künstlerin einem Experiment gleich, denn „eigentlich halte ich mich, wenn ich arbeite, nicht an normale Essenszeiten, sondern esse einfach dann etwas, wenn ich Hunger habe.“ Die Wohnung wird Waldburger in den nächsten Wochen mit Bildern und Notizen, Skizzen und Texten auf verschiedenen Untergründen und in verschiedenen Techniken behängen, bereichern und füllen. Klänge werden die Räume beleben und – ein Experiment ganz einfach seinen Lauf nehmen.