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Ein starkes Stück Mittelthurgau

Dienstag, 11. September 2012

Gemeindeammann Ruedi Zbinden hat das Bussnanger Bahn-Viadukt in sein Herz geschlossen. Für ihn ist das Bauwerk «eine Dorfschönheit, wie man sie heute gar nicht mehr erstellen könnte».

CHRISTOF LAMPART

BUSSNANG. Wer sich Bussnang nähert, bemerkt den ebenso mächtigen wie eleganten Bau sofort: Er spannt sich mit fünfzehn Öffnungen zu je 16,5 Metern Weite übers Dorf. Die Länge des Bussliger Viadukts beträgt – einschliesslich der Widerlager und in der Achse gemessen – 282,5 Meter, die durchschnittliche Höhe über der Talsohle ist rund sechzehn Meter. Was solche Ausmasse aufweist, kann schlichtweg nicht übersehen werden.

In sechs Monaten gebaut

Was den Stampfbeton-Bau noch imposanter macht, ist die Tatsache, dass die Arbeiter ihn im Jahr 1910 nur in knapp sechs Monaten – von Mai bis Ende Oktober – realisierten. Das Viadukt entstand im Rahmen der Bauarbeiten am Schienennetz der Mittelthurgau-Bahn, die 1911 erstmals fuhr. «Wenn ich daran denke, wie heute andere Projekte wie beispielsweise die BTS jahrelang bekämpft wurden und wenn ich unsere heutigen Vorschriften mit jenen aus der Bauzeit vergleiche, dann kommt man schon mal ins Grübeln», gesteht Zbinden lachend. «Damals wurde einfach entschieden und dann gemacht. Heute würde es bei einem solchen Bauvorhaben mitten im Dorf Einsprachen hageln», ist Zbinden überzeugt.

Perfekt in der Landschaft

Doch 1910 habe noch eine ganz andere Einstellung zum Verkehr geherrscht. «Die Dorfbewohner wollten möglichst nahe an den Bahnstationen und den Hauptstrassen wohnen, da sie sich vom zusätzlichen Verkehrsaufkommen einen Nebenverdienst erhofft haben», weiss Zbinden, welcher im grossen und ganzen seit seiner Geburt in der Gemeinde lebt. Doch was ist es genau, was das Viadukt für Ruedi Zbinden zur Dorfschönheit macht? «Es ist nicht nur das grösste Bahnviadukt im Thurgau, sondern meines Erachtens auch perfekt in die Landschaft eingefügt», erklärt er. Oder wie der Gemeindeammann es auch gerne ein bisschen poetisch formuliert: «Das Bussnanger-Viadukt ist ein Wahrzeichen unseres Dorfes und in seiner ästhetischen Eleganz geradezu ein Kunstwerk, das im wahrsten Sinne des Wortes die Menschen im Dorf miteinander verbindet.»

Kein fester Baugrund

Auch dass das Viadukt nach wie vor ohne Einschränkungen befahrbar ist, sei «erstaunlich, wenn man bedenkt, mit welch einfachen Mitteln unsere Vorfahren diesen Betonbau realisierten». Tatsächlich verlief, trotz kurzer Bauzeit, beim Bau des Viadukts nicht alles so glimpflich wie gewünscht ab. Zwar stiessen die Bauarbeiter auf beiden Seiten des Tales auf harte Moräne, doch der Baugrund der Talsohle bestand aus leichtem, porösem und durch erdige Bestandteile verunreinigtem Sand-Kiesgemisch. Auf gut Deutsch: der Baugrund war alles andere als dicht.

Keine Bewegungen

Der labile Baugrund war wirklich ein Problem; dieses konnte schliesslich nur dadurch behoben werden, dass die Fundament-Klötze so stark dimensioniert wurden, dass mit grösster Wahrscheinlichkeit Überraschungen nicht zu erwarten waren. Und tatsächlich: seit die Bahn in Betrieb ist, seit nunmehr hundert Jahren, konnten nicht die geringsten Bewegungen oder Veränderungen festgestellt werden.