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Dunkelgraue Wolken am Ostschweizer Konjunkturhimmel

Montag, 5. Oktober 2020

Der Pessimismus in der Wirtschaft war seit 2014 «noch nie so gross wie heute», wie der neue Provida-Unternehmensreport zeigt. Er wurde auf der Kartause Ittingen vorgestellt.

Eigentlich stand im aktuellen Provida-Unternehmensreport (PUR) das Thema «Vertrieb 4.0» im Fokus. Und das aus gutem Grund. Im Zeitalter der Effizienzsteigerung und der «just in time»-Produktion müssen Firmen ihre Arbeitsweise anpassen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Doch zwischen der Themensetzung für den neuen PUR und dessen Veröffentlichung fegte der Coronavirus-Tsunami über die hiesige Wirtschaft. 

 

Deshalb war für Marco Gehrig klar, dass er mit der Entwicklung der allgemeinen Wirtschaftslage in der (Ost-)Schweiz beginnen würde. Gehrig ist Dozent am Institut für Unternehmensführung an der Ostschweizer Fachhochschule (OST). Laut Gehrig trübt sich die Wirtschaft nach den unter den Firmeninhabern erhobenen Zahlen vom Juni deutlich ein. Gehrig sagte:

«Pessimismus hat sich breitgemacht; und er war seit 2014 noch nie so gross wie aktuell.»

Tatsächlich blicken laut den PUR-Zahlen 48 Prozent der befragten Firmen pessimistisch in die Zukunft. Vorgestellt wurde der aktuelle PUR im Rahmen des Provida-Unternehmenstalks in der Kartause Ittingen. Für den Report werden rund 2500 Unternehmen angeschrieben.

Geschäftsverlauf rückläufig, aber immer noch da

Positiv hielt Gehrig jedoch fest, dass der «Geschäftsverlauf zwar rückläufig, aber immer noch da ist». Weiter sei «der Auftrags- und der Personalbestand noch nicht zusammengebrochen». Dieser fragile Silberstreifen am Konjunkturhimmel ist nach Gehrigs Einschätzung jedoch weniger auf eine sich normalisierende Wirtschaft zurückzuführen, sondern auf die stützende Wirkung von Kurzarbeitsgeldern und Covid-19-Krediten des Bundes.

Stand heute, versuchten die KMU denn auch alles, um Entlassungen zu vermeiden. Es bleibe jedoch abzuwarten, was die nächsten Wochen und Monate in Sachen zweiter Welle und Bundeshilfen brächten. «Je nach Verlauf könne dann alles eventuell anders aussehen», wagte Gehrig keine präzise Prognose. Deutlich gezeigt habe der PUR jedoch, dass bei den befragten KMU in den nächsten Monaten der Fokus auf «der Sicherung der Liquidität und der Kostenreduktion» liege.

Umgang mit Kundendaten ist «extrem wichtig»

Was den «Vertrieb 4.0»– also alle digitalen Massnahmen, die den Vertrieb nachhaltig unterstützen –, betreffe, so sei dieser bei rund 60 Prozent der befragten Unternehmen momentan «kein grosses Thema».

Bei jenen, die sich mit dem Thema auseinandersetzten, sei der vertrauensvolle Umgang mit den Kundendaten als «extrem wichtig» eingestuft worden, wie der PUR weiter zeigte. Und zwar nicht nur für sie selbst, sondern eben auch für die Kunden. Doch eines habe die Umfrage auch offenbart: «Die digitalen Verkaufskanäle werden zwar immer wichtiger, aber die persönlichen Kontakte können diese nicht ersetzen», sagte Gehrig.