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Die eigene Angst erfolgreich besiegt

Montag, 7. März 2011

Mit „Die grandiosen Abenteuer der tapferen Johanna Holzschwert“ ist dem Theater Bilitz ein Stück gelungen, dass über Generationen hinweg gute Unterhaltung bietet. Am Sonntag war Premiere.

CHRISTOF LAMPART

Es fällt schon auf, das Publikum, das im Theaterhaus Thurgau zur Premiere versammelt hatte. Denn es waren vor allem Erwachsene, welche dem Stück „für Kinder ab 8 Jahren“, so der Programmzettel, beiwohnten. Und somit war es auch gerade ein Test bezüglich Generationenverträglichkeit. Zielt „Johanna“ – welche von Michael Bang, Michael Schramm und Sabine Zieser verfasst wurde -  nur auf die Gruppe der Primarschüler ab, oder lassen sich auch ältere Semester von der Dramatik des historischen Abenteuerspiels anstecken?

Mit Fantasie geht’s leichter

 Um es vorweg zu nehmen: Sie tun letzteres. Denn „Johanna“ ist mehr als nur gerade ein Stück über das Sich-in-der-Realität-Zurechtfindens. Es  hält auch für die grossen Zuschauer die Botschaft parat, dass mit Fantasie alles ein wenig leichter geht. Irgendwie profitieren also alle von dem, was die vier Darsteller (Regie: Eveline Ratering) aufführen.  Ein stimmiges Bühnenbild (Gabor Nemeth), das mit wenig auskam – so wurde der schwarze Tisch nicht nur als Tisch, sondern auch als Bett, Käfig, Turm etc. benutzt - und durch dessen Schlichtheit die Konzentration des Publikums ganz auf die Akteure gelenkt wurde, trug das Seinige zum gelungenen Abend bei.

Zum Stück: die 10-jährige Johanna Holzschwert wird von ihren Klassenkameraden wegen ihres Namens gehänselt. Als diese ihr sogar ihr geliebtes Geschichtsbuch kaputt machen, nimmt sie einen Stein und – wirft versehentlich das grosse Fenster der Schule ein. Sie wird von ihrem Lehrer mit einem Brief nach Hause geschickt, doch traut sie sich nicht, ihren Eltern vor die Augen zu treten. Stattdessen geht sie in den Zoo, wo drei Erdmännchen ihr prophezeien, dass sie genau so grosse Abenteuer zu bestehen habe, wie ihr Vorbild, Jeanne d‘Arc. Und so kommt es auch. Sie bezwingt nicht nur alle Gefahren, sondern findet am Ende auch den Mut vor ihre Eltern zu treten.

 "Traumhafter" Sieg

Umgesetzt wird dieses Werk von je zwei Schauspielerinnen (Christine Benz, Agnes Caduff) und zwei Schauspielern (Roland Lötscher, Gabor Nemeth). Während Benz als einzige nur eine Rolle spielt, nämlich die der Johanna, schlüpfen die anderen in nicht weniger als 20 Rollen – vom  Erdmännchen bis hin zum Dauphin. Die Sprache ist leicht und lässig, nie aber respektlos, sondern stets dem jeweiligen Tun angepasst. So hat die Szene, als Johanna mit ihrem Pferd Peugeot  zur Rettung Frankreichs eilt, durchaus etwas, das einen an Don Quichote gemahnt; denn das Pferd ist real ein Fahrrad und ihr Traum fast so unrealisierbar wie ein siegreicher Kampf gegen Windmühlen. Und doch: Johanna siegt! Die Botschaft des Stücks ist jene vom Triumph der Fantasie –  nicht über die Wirklichkeit, sondern über die eigenen Ängste. Hier geleitete sie die Zuschauer nicht in eine Traumwelt, sondern in die harte Realität. Und das Kind besteht die Probe, beichtet und wird belohnt. Bei einem so positiven „Resultat“ konnte auch das Publikum gar nicht anders und spendete dem Ensemble einen sehr langen und heftigen Applaus.