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Der digitale Assistent im Büro

Freitag, 29. Juni 2012

In weniger als fünf Jahren beantworten Computer eingehende Mails, ohne dass jemand anwesend sein muss. Das prophezeite der deutsche Zukunftsforscher Lars Thomsen am Ostschweizer Personaltag. Der Mensch bleibe unverzichtbar.

CHRISTOF LAMPART

GOSSAU. Geht es nach dem deutschen Zukunftsforscher Lars Thomsen, der gestern im Rahmen des 8. Ostschweizer Personaltags im Gossauer Fürstenlandsaal zum Thema «Die Neuerfindung unserer Arbeitswelt» sprach, dann wird künstliche Intelligenz schon bald unseren Alltag mitbestimmen. Wie Thomsen vor rund 300 Personen aus dem Fachbereich Human Resources erklärt, wird der Wandel nicht plötzlich, sondern schleichend eintreten. Auf einmal sei eine unumkehrbare Entwicklung da, die noch vor zehn Jahren niemand für möglich gehalten hätte. «Wenn ich Ihnen damals gesagt hätte, dass wir heute alle ein iPhone haben, dessen Apps viele Sachen sehr effizient erledigen können, dann hätten Sie mich wohl ausgelacht», sagt Thomsen zum Ostschweizer Publikum.

Der selbständige PC

In den kommenden zehn Jahren werde sich die Welt noch stärker verändern als in den zehn Jahren zuvor. Die Menschheit werde in der nächsten Dekade das «Ende der Dummheit» erleben, sagt Thomsen voraus. Computer seien dann soweit, dass sie dem Menschen durch ihre künstliche Intelligenz eigenständig die Arbeit abnehmen könnten – indem sie in der Ferienabwesenheit des Besitzers die eingehenden Mails durch erworbene Erfahrung eigenständig beantworteten.

Was heute noch wie Science Fiction töne, werde garantiert kommen. «Wir werden in den nächsten 100 bis 200 Wochen die Grenze überschreiten, wo wir es schaffen werden, dass wir tatsächlich <digitale Assistenten» auf unseren Schreibtischen haben werden», prophezeit Thomsen. Sollte diese digitale Revolution jedoch ausbleiben, so sieht Thomsen für die Menschheit schwarz, «denn heute arbeiten viele Menschen jedes Jahr zehn Prozent mehr. So was kann auf die Dauer nicht gut gehen und würde wohl in einem kollektiven Burn-out enden.»

Mensch bleibt unverzichtbar

Auch wenn die künstliche Intelligenz schon bald im Büro Einzug halte, werde der kreative Mensch auch künftig unverzichtbar bleiben. Im Gegenteil, sagte Thomsen, ihm komme eine immer grössere Bedeutung zu.

Der Kampf um die besten Talente sei heute erst am Anfang und werde zunehmend globale Ausmasse annehmen, denn: Viele Industrienationen hätten einen grossen Mangel an Nachwuchs. Vor allem China, welches durch 30 Jahre Ein-Kind-Politik soweit sei, dass eine Familie heute aus vier Grosseltern, zwei Eltern und einem Kind bestehe, suche je länger, je verzweifelter nach Talenten. Dies werde dazu führen, dass sich Firmen schon bald bei potenziellen Mitarbeitern bewerben müssten.

Geld verliert an Bedeutung

Laut dem Zukunftsforscher verliert das Geld als Hauptfaktor eines Arbeitsverhältnisses immer mehr an Bedeutung. «Menschen wollen gut verdienen, vor allem aber bei interessanten Firmen, bei denen sie Projekte massgeblich mitgestalten können, dabei sein», sagt Lars Thomsen.

Nicht mehr haltbar sei in Zukunft auch die Unterscheidung von Freizeit und Arbeitszeit. Das gelte auch für den Einbezug von privaten Kollegen zum Lösen von Firmenproblemen – dieser sei «bereits heute für viele 20jährige normal», sagte Thomsen.