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Ziel: Ein «Oben ohne»-Haus

Freitag, 9. November 2012

Eigentlich wollten Andreas und Helen Pfenninger nie ein Haus kaufen. Als jedoch 2003 das alte «Lehrerhaus» in Basadingen zum Verkauf stand, griffen sie zu. Nun ist mittlerweile aus dem Altbau ein Minergie-P-Haus geworden.

CHRISTOF LAMPART

BASADINGEN. Unverhofft kommt bekanntlich oft. Und so kauften die Pfenningers das Haus, an dem sie oft vorbeispazierten, als es zum Kauf ausgeschrieben war. Was reizte sie daran? «Vor allem der Garten, der mit 16 Aren schön gross ist», sagt Helen Pfenninger lachend. Das Lachen verging dem Ehepaar jedoch schnell, als es merkte, wie viel Heizöl das Haus fürs Heizen brauchte. «In den ersten Jahren waren es 6000, im Jahr vor dem Umbau sogar 9000 Liter für das Doppel-EFH», erinnert sich Andreas Pfenninger. Warum dem so war, weiss er zwar bis heute nicht, jedoch beschleunigte der massive Ölverbrauch die Absicht der Pfenningers, die Gebäudehülle komplett energetisch zu sanieren.

Oben ohne gebaut

Da traf es sich gut, dass die Pfenningers den auf den Bau von Passivhäusern spezialisierten Architekten Pierre Honegger, Herdern, kennengelernt hatten. Aus dem Kontakt wurde eine Beziehung, aus der Beziehung ein gemeinsames Projekt.

2009 begann die Projektierung, 2010 die Sanierung, welche bis Weihnachten 2010 dauerte. Den Bauherren war ein weiteres Kriterium sehr wichtig, wie Andreas Pfenninger betont: «Ich wollte keine Lösung, bei der ein Kamin im Spiel gewesen wäre. Ich suchte also etwas, das oben ohne ging.»

Mit Konzept saniert

Passivhäuser gibt es seit 1991. Doch Altbauten so zu sanieren, dass sie Minergie-P-Standard genügen, ist eine Herausforderung. Zumal im «Lehrerhaus» aus den 1950er-Jahren die Dachsubstanz schlechter als erwartet war und auch alle Fenster ersetzt werden mussten. «Wir haben die Fassade nach dem im Thurgau entwickelten Verfahren Isofutura isoliert, das von einer Aussendämmung ausgeht, so dass man innen alles intakt lassen kann», erklärt der Architekt. Isofutura ist auch der Name einer in Weinfelden ansässigen Baufirma. Diese bietet bei Sanierungen eine ganzheitliche Sichtweise samt den daraus abgeleiteten Massnahmen an. «So kann vermieden werden, dass Private zuerst einmal die Fenster ersetzen, dann den Keller dämmen, also ohne Konzept viel Geld investieren und dabei doch in der Gesamtheit ein unbefriedigendes Ergebnis erzielen», so Honegger.

24 000 Franken Differenz

Aufgeregt waren jedoch alle, als der Dichtigkeitstest («Blowerdoortest») anstand, welcher aufzeigt, ob die einstige «energetische Ruine» (Honegger) nun energetisch ein Minergie-Passivhaus oder doch nur ein Minergiehaus ist. Denn der strengere Standard bringt oder kostet den Bauherrn bares Geld. «Die Förderbeiträge machten – beim Minergie-P-Standard – rund 24 000 Franken mehr aus», weiss Honegger. Auch der Energieverbrauch ist bei der strengeren Variante geringer. «Ein Bau aus dem Jahr 1975 verbraucht für die Heizung rund 20 Liter Heizöl je Quadratmeter. Beim Minergie-P-Haus sind es bei der gleichen Fläche gerade noch ein Liter», erklärt Honegger.

Und es könnte noch besser kommen. Denn obwohl die Bauzeit sowohl für die Familie als auch für die Mieter zermürbend war – zum Duschen gingen sie wochenlang über die Strasse zu den Nachbarn –, tragen sich die Pfenningers mit dem Gedanken, eine Photovoltaikanlage zu installieren. Dann wären sie nicht nur energetisch unabhängig, sondern könnten die überschüssige Energie ins Stromnetz einspeisen und verkaufen.