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Wo der Chef noch Nähen kann

Samstag, 19. Mai 2012

Kaum jemand kann den eigenen Firmennamen so leicht in einen Werbeslogan einbauen wie die Kauf AG. Doch nicht nur deshalb ist das Toggenburger Familienunternehmen mit seinen Herrenhemden erfolgreich.

CHRISTOF LAMPART

EBNAT-KAPPEL. Tatsächlich folgten in den letzten Jahren immer mehr Schweizer dem Motto «Kauf Dir ein Hemd!», beträgt doch der einheimische Marktanteil des Toggenburger Familienunternehmens gegenwärtig um die sieben Prozent.

Klares Profil gefragt

Wenn Firmenchef Michael Kauf von Hemden spricht, dann weiss er auch abseits von Bilanzen und Marketingstrategien genau, was er tut. «Ich bin in der Hemdenwelt aufgewachsen.» Doch nicht nur das. Der Spross aus der Hemdendynastie, welche 1904 in Olten gegründet wurde, schrieb sich Anfang der 1980er-Jahre, nach bestandener Matura, an der baden-württembergischen Fachhochschule Sigmaringen Albstadt für das Studium des Textilingenieurs ein. Für einen Lehrgang also, den es damals in der Schweiz nicht gab.

Dort lernte der Theoretiker nicht nur das Kleidernähen von der Pike auf, sondern auch seine Frau Gaby kennen. Diese entwirft bis heute mit scheinbar unfehlbarem Gespür die trendigen Kauf-Hemdenkollektionen, die beim urbanen Publikum mit taillierten Schnitten und eleganten Stilen punkten. «Die Zeiten der sportlichen Lässigkeit sind vorbei. Die Menschen suchen wieder ein klares Profil, das Fancyness und Upper-Casual-Attitüde in einer Art und Weise integriert und dabei erfrischend und entstaubt wirkt», umschreibt Michael Kauf den Stil der diesjährigen Kauf-Sommer- und -Herbstkollektion. Dass bei den Dessins Karos gefragter als Streifen sind, sei zwar ebenso eine Momentaufnahme wie der anhaltende Rückgang der Krawatte, aber gerade die ständige Unbeständigkeit «macht den Reiz dieser Branche aus», schwärmt Michael Kauf.

Als das junge Paar 1993 die Familienfirma in der vierten Generation übernahm, war Kauf noch weit davon entfernt, die Nummer eins am einheimischen Markt zu sein. Viele Jahre, Umstrukturierungen und Auslagerungen später, boomen jedoch die bügelfreien Hemden. 250 000 Stück stellt Kauf davon jährlich in Istanbul her, wo seit 2007 produziert wird. Damit belegt Kauf noch vor so renommierten Vollausstattern wie Hugo Boss und Strellson, aber auch vor sämtlichen anderen Hemdenspezialisten zwischen Basel und Chiasso und von Kreuzlingen bis Genf die Spitze der Verkaufscharts. «Wir achten stets darauf, dass wir preislich vernünftig sind, ohne dabei Abstriche bei der Qualität zu machen», betont Michael Kauf. Zwar gibt das Familienunternehmen keine Umsatzzahlen heraus, doch sei das Geschäft jüngst, trotz starkem Franken, gut verlaufen. «Wir haben im 2011 gut geschäftet, und auch für dieses Jahr sieht es bis jetzt erfreulich aus», sagt Kauf.

Ideen rasch umgesetzt

Da bekanntlich rostet, wer rastet, wälzen Michael und Gaby Kauf stets neue Ideen. Auch Kauf ist jedoch, bei aller Sorgfalt, nicht vor Fehlern gefeit, doch weiss die Firma offensiv damit umzugehen. Das zeigt auch folgende Episode: Als Kauf in Russland Fuss fassen wollte, bekam man die Rückmeldung, dass die Mode zwar top sei, das stilisierte Firmenlogo jedoch dem kyrillischen Buchstaben gliche, der in Russland für das «Herrentoiletten»-Zeichen gebraucht werde. «Wir haben das sofort geändert», sagt Michael Kauf. Ob das Unternehmen in naher Zukunft wieder einmal im Ausland investieren wird, ist gegenwärtig eher fraglich, denn «gute Vertriebspartner zu finden, ist nicht einfach», weiss Michael Kauf. Hinsichtlich der Kapazität wäre das jedoch kein Problem. «Wir könnten heute die Produktion verdoppeln, wenn die Nachfrage da wäre», sagt er.