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Wie es damals war in Arbon

Samstag, 29. November 2014

Zum 20. Geburtstag hatte ihm die Mutter drei Hefte mit Jugenderinnerungen geschenkt. Nach ihrem Tod inspirierten den Arboner Archivar Rolf E. Kellenberg diese Aufzeichnungen zu einem Buch. Es ist ein lebendiger lokaler Zeitspiegel geworden. CHRISTOF LAMPART

ARBON. 2013 erschien Rolf E. Kellenbergs weitherum beachtetes Werk «Die Notensteiner». Bereits ein Jahr später doppelt der Arboner Archivar nun mit der eigenen Familiengeschichte «Mit Ross und Lastwagen» nach. Das könnte den Anschein erwecken, dass es sich hier um einen Schnellschuss eines produktiven Geistes handle. Doch ersteres ist garantiert nicht der Fall. «Denn für die Geschichte meiner Ahnen habe ich mich schon seit frühester Kindheit interessiert», schildert der 47jährige Kellenberg an dem Ort, wo er sich mitunter am wohlsten fühlt: im Archiv der Evangelischen Kirchgemeinde. Dort, wo unter anderem viele Taufbücher vergangener Jahrhunderte lagern – und somit auch ein Teil der eigenen Geschichte.

Mutter als Co-Autorin

Ausschlaggebend fürs Zustandekommen des Werks, das mit «Eine Ostschweizer Familiengeschichte» untertitelt ist, war ein Geschenk seiner Mutter, Klara Kellenberg-Eggmann (1927– 2007). Sie überreichte dem Sohn 1987, zu dessen 20. Geburtstag, drei vollgeschriebene Hefte. Darin hatte sie ihre Kindheitserinnerungen, die bis 1936 zurückreichen, niedergeschrieben. Dieser Teil findet sich nun ungekürzt im Buch. Er macht nicht weniger als 75 der 192 Seiten aus und füllt das erste Drittel des schön gestalteten und reichhaltig bebilderten Paperbacks – weshalb die Mutter logischerweise auch als Autorin aufgeführt ist.

Alles andere als trocken

Mamas Tod war für Rolf E. Kellenberg Zäsur und Inspiration zugleich. Er entsann sich der Hefte, las sie aufmerksam und begann sich intensiver als je zuvor mit der eigenen Familiengeschichte, die in vielen Aspekten auch eine Geschichte der Region Arbon des 20. Jahrhunderts ist, zu befassen. Dabei wollte er sich jedoch keineswegs auf die Schilderung (un)bekannter Daten beschränken.

Eine Trouvaille

«Ich versuchte bewusst eine trockene Aufzählung historischer Fakten zu vermeiden», so Kellenberg zu seinem Schreibkonzept. Zwar sind die Kapitel chronologisch geordnet, doch es sind lebendige Geschichten, welche die Ereignisse rund um die Familien Schalch, Eggmann, Kellenberg oder Schlappritzi zu einem Erlebnis für den Leser werden lassen. Der über vier Generationen währende Auf- und Abstieg des familiären Fuhrunternehmens ist ein lokaler Zeitspiegel, der dem heutigen Leser spielerisch-lustvoll vorgehalten wird.

Das Buch ist die Mischung aus subjektivem, autobiographisch Erlebtem und vermeintlich objektiv sorgfältig Recherchiertem, was das Werk zu einer Trouvaille macht. Und zwar sowohl für Einheimische als auch für Neuzugezogene, die einfach wissen wollen, «wie es damals war».

«Es ist scbon etwas anderes»

Auch wenn sich das Buch leicht liest, so fiel es dem Autor nicht immer einfach, bei der Sache zu bleiben, denn «wenn man sich mit der eigenen Familiengeschichte kritisch auseinandersetzt, dann ist es schon noch einmal etwas ganz anderes, als wenn man über fremde Personen schreibt», weiss Kellenberg aus eigener Erfahrung.

Das mit zahlreichen farbigen und schwarzweissen Illustrationen von der Arboner Druckerei Schoop hergestellte Buch hat einen Umfang von 192 Seiten, kostet 40 Franken und ist direkt beim Autor, Telefon 071 446 05 08, erhältlich. – ISBN-Nummer 978-3-9523381-5-5.