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Von einer Metropole geträumt

Montag, 18. Mai 2015

ARBON. In Arbon drängt sich auf einer kleinen Fläche eine einzigartige Dichte in Sachen Baukultur. «Dicht» ging es auch am Sonntag im Museum zu und her. Viele Besucher wollten wissen, wie sich ihr Ort in den hundert Jahren verändert hat. CHRISTOF LAMPART

Die Thurgauer Denkmalpflegerin Bettina Hedinger war angesichts des grossen Interesses, das ihre Führung hervorrief, ziemlich baff. «Jetzt können wir halt nicht zu zweit vor den einzelnen Tafeln stehen», scherzte sie, derweil fast 60 Personen den Sonderausstellungsraum sehr gut füllten. Und zwar dermassen, dass jene, die zuhinterst standen, praktisch keine Chance hatten, das zeitgleich in Augenschein zu nehmen, von dem die Referentin gerade sprach.

«Eine ganz tolle Stadt»

Immerhin bekamen am gestrigen Tag des Denkmals alle mit, dass Hedinger gleich ihre Einleitung dazu benutzte, um von Arbon zu schwärmen. «Für uns Denkmalpfleger ist Arbon eine ganz tolle Stadt, denn nirgendwo im Thurgau findet man eine so einzigartige Dichte in Sachen Baukultur wie hier.» Von den Römern bis hin zu den modernen Industriebauten finde man hier alles, so dass in der Kombination nicht nur für die Experten «viele Brüche und Veränderungen» ersichtlich seien. Aus denkmalpflegerischer Sicht sei das Stadtbild von nationaler Bedeutung selbstredend erhaltenswert.

Fotos ermöglichen Vergleiche

Und dennoch wolle und sollte man die Stadt «nicht einfrieren», sondern mittels sorgfältiger Stadtplanung «sich stets fragen, in welche Richtung sich die Stadt entwickeln soll». Damit man mit vergangenen Epochen vergleichen könne, seien die in der Ausstellung gezeigten Fotografien sehr wertvoll. Gerade die Blütezeit der Stadt Arbon zwischen 1860 bis 1970 sei durch viele Fotos dokumentiert. Einige Bau- sowie Abrisssünden – wie zum Beispiel der Abriss der Motoren-Giesserei auf dem Saurer-WerkZwei im Jahr 2003 – seien zwar passiert und somit irreparabel. Doch man könne aus dem Geschehenen für die Zukunft lernen. Zumal man in der Ausstellung «Arbon im Wandel – Veränderungen im Stadtbild» im Historischen Museum im Schloss auf über 30 reichbebilderten Stellwänden die einstigen Grossstadtambitionen Arbons ebenso gut nachvollziehen könne wie auch die heutigen Bestrebungen, vermehrt nach innen verdichtend zu bauen.

Der Wunsch nach Grösse

Das Streben Arbons nach grossstädtischer Bedeutung habe über Jahrzehnte hinweg angehalten – und jeweils die aktive Suche nach Kompromissen erfordert und gefördert, wenn Modernisierer und Bewahrer sich in Baufragen gegenüberstanden. Auf diese Art und Weise entstanden im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts Objekte wie die Arkaden bei der seit dem 18. Jahrhundert säkularisierten Johanneskapelle, der Rosascokomplex oder der Posthof. In den 1960er-Jahren kam das Hotel Metropol hinzu. «Dieser Name zeigt deutlich, dass Arbon sich immer als grösser gesehen hat, als es wirklich war; man wollte hier Metropole sein», so Bettina Hedinger. Dieses Denken in grossen Dimensionen sei heute nicht mehr angebracht. Vielmehr gehe der Trend auch in Arbon «eindeutig in Richtung verdichtetes Bauen», so Bettina Hedinger.