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Vom Volleyball zum Rollstuhlrugby

Mittwoch, 2. März 2016

Seit 1999 sitzt Roman Hertach im Rollstuhl. Doch nach seinem folgenschweren Badeunfall liess sich der heute 32-Jährige nicht aus der Bahn werfen. Er fand im Rollstuhlrugby eine neue Leidenschaft. Und nun organisiert Hertach Anfang März eine Cuprunde in dieser Sportart in Arbon. CHRISTOF LAMPART

 

ARBON. Könnte er stehen, so wäre Roman Hertach, der früher in Amriswil Volleyball spielte und «auch sonst mich immer bewegen musste», mit seinen 2,04 Metern eine äusserst stattliche Erscheinung. Das fällt nun im Rollstuhl zwar nicht ohne weiteres auf, doch sein Drang, immer etwas machen zu müssen, ist unübersehbar.

«Eine grosse Familie»

Rollstuhlrugby ist für den Steinbrunner weit mehr als nur ein Fitnessprogramm. Die regelmässigen Turniere im In- und Ausland, vor allem aber das wöchentliche Training mit seinem Verein, den Rolling Rhinos, schätzt Roman Hertach ausserordentlich. «Wir sind eine grosse Familie», erzählt er, wobei er aber nicht nur die Rugbyspieler meint, sondern das ganze Team darum herum. Denn Hertach weiss nur allzu gut, dass ohne viele andere helfende Hände weder die wöchentlichen Fahrten zum Training nach Schwyz möglich wären und schon gar nicht die Organisation einer Cuprunde, wie sie Hertach am Wochenende vom 5./6. März im Arboner Seeparksaal durchzieht. Daran, dass der Event – die 2. Runde des Schweizer Cups im Rollstuhlrugby – ein Erfolg sein wird, zweifelt Roman Hertach keinen Augenblick. Denn er organisierte 2011 bereits denselben Anlass am gleichen Ort.

Ein Tor in vier Sekunden

«Wir hatten damals einen riesigen Erfolg, kamen doch an den beiden Tagen zwischen 500 und 700 Zuschauer. Wir genossen es sehr, vor dieser tollen Kulisse zu spielen, und das Publikum bekam rasanten Ballsport zu sehen», erinnert sich Hertach. Zugelassen zu Rollstuhlrugby, das seit 1996 eine paralympische Disziplin ist, sind Tetraplegiker sowie andere Menschen, die an allen vier Gliedmassen leichtere oder schwerere Einschränkungen haben. Derzeit gibt es in der Schweiz vier Rollstuhlrugby-Vereine, die oft mehrere Teams haben: die Fighting Snakes aus der Zentralschweiz (Trainingsort Nottwil), die Ostschweizer Rolling Rhinos (Buttikon SZ, manchmal auch Tuggen), die Blue White Eagles aus Zürich (Zürich Affoltern) und die Snakes aus Bern. Bei der Zusammenstellung eines Teams aus vier Spielern und einem Ersatz kommt eine Handicap-Formel zum Tragen. Insgesamt dürfen die Spiele die Gesamtpunktzahl von acht Handicap-Punkten nicht überschreiten, wobei die Abstufung der Athleten von 0,5 bis 3,5 Punkte reicht. Je höher die körperliche Einschränkung, desto kleiner ist auch die Punktzahl. Roman Hertach hat den Wert 1. «Das zeigt schon, dass die Team-zusammensetzung sehr wichtig ist. Die Lowpointer sind meistens Blocker, die Highpointer bilden die Offensive. Es ist sehr reizvoll trotz der unterschiedlich starken Handicaps ein möglichst gutes Zusammenspiel zustande zu bringen», schwärmt Hertach. Zumal der Ball oft bei hoher Geschwindigkeit kontrolliert werden muss. «Wenn es schnell geht, kann man schon innert vier Sekunden ein Goal erzielen.»

Fatale Crashs

Dass bei diesem dynamischen Spiel zuweilen die Grenzen des Erlaubten überschritten werden, musste auch Roman Hertach schon leidvoll erfahren. «Manchmal wird nicht mit fairen Mitteln gespielt. Wer fliegt, kann sich schon verletzen, auch wenn man angegurtet und der Rollstuhl eigentlich kippsicher ist.» Roman Hertach selbst zog sich schon Schleudertraumata durch gegnerische Fouls zu, was angesichts der Tatsache, dass er eh schon mit körperlichen Einschränkungen leben muss, doppelt schwer wiegt. «Ob ich bei einem dritten Vorfall dieser Art noch weitermachen würde, ist fraglich. Aber wahrscheinlich schon, denn dafür liebe ich diesen Sport einfach zu sehr».»