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Vier Glasfasern sind drei zu viel

Mittwoch, 17. September 2014

Die Swisscom möchte ein eigenes flächendeckendes Breitbandnetz für Internetnutzer realisieren. Auf Seiten der Technischen Gemeindebetriebe Bischofszell steht man diesem Vorhaben skeptisch bis ablehnend gegenüber. CHRISTOF LAMPART

BISCHOFSZELL. Die Swisscom will das Breitbandnetz im Kanton Thurgau massiv ausbauen. Bis ins Jahr 2020 sollen mindestens 80 Prozent aller Thurgauer über einen ultraschnellen Internetzugang verfügen. Dies erklärte Sven Guyer, Partner Manager FTTH bei der Swisscom, am Montagabend im Rahmen des Behördenapéros, zu dem der Verband Arbeitgeber Mittelthurgau ins Bischofszeller Rathaus eingeladen hatte.

Premiere nach Fusion

Der Anlass war sozusagen in zweierlei Hinsicht zukunftweisend. Zum einen ging es im fachlichen Teil um modernste Internettechnologien und zum anderen war es der erste Anlass von «Arbeitgeber Mittelthurgau». Dieser Verband nahm Gestalt an, nachdem sich im März 2014 die beiden zuvor separat bestehenden Vereinigungen Handels- und Industrieverein Bischofszell und die Arbeitgebervereinigung Mittelthurgau zusammengeschlossen hatten. 84 Personen nahmen am Montagabend die Gelegenheit zum ersten gemeinsamen Treffen nach der Gründung wahr.

Konkurrenzfähig bleiben

Laut Guyer verfolgten Kantone, Gemeinden und Swisscom ähnliche Ziele, soll doch mittelfristig eine flächendeckende und bedarfsorientierte Breitbandversorgung etabliert werden. Während dies für den Thurgau vor allem ein wichtiger Standortfaktor ist, sieht die Swisscom darin die Grundvoraussetzung, um konkurrenzfähig bleiben zu können. Bis 2020 will die Swisscom einen Technologiemix anbieten, langfristig aber die FTTH-Technologie (englisch für «Fibre to the home», Glasfaserkabel) flächendeckend realisieren.

Gemeinden wie Pfyn, Fischingen, Weinfelden und Frauenfeld verfügen bereits über FTTH-Lösungen, weshalb die Swisscom dort, wo es möglich ist, Kooperationen anstrebt. Guyer erklärte, dass es sinnlos sei, Parallelnetze zu schaffen, weshalb Swisscom die Zusammenarbeit mit Gemeinden und Werken suche, um «den Thurgau optimal mit einer FTTH-Lösung zu versorgen».

Rolls-Royce für Bischofszell?

Dieses Argument stiess bei Urs Gamper, Geschäftsführer der Technischen Gemeindebetriebe Bischofszell (TGB) und der Telekabel Bischofszell AG, auf Widerrede. Die Ex-Monopolistin Swisscom sei wieder drauf und dran, diese Stellung zurückzuerlangen, was für den Wettbewerb schlecht sei, monierte Gamper. Die Absicht der Swisscom, in jedem Kabel vier Glasfasern zu verlegen, sei «in Sachen Lösung ein absoluter Rolls-Royce» und bezüglich Preis ein Kostentreiber, denn «für die Bedürfnisse der Gemeinde Bischofszell würde eine einzige Faser vollauf reichen», argumentierte Gamper. Was für den TGB-Geschäftsführer die Mutmassung nahelegt, dass «bei der Evaluierung durch die Swisscom auch schon der Glasfaserlieferant mit im Boot sitzt».

Gamper bezeichnete einen solchen Ausbaustandard als unnötig, da die nötige Geschwindigkeit auch anders zu erreichen sei. Zudem habe jedes Elektroversorgungsunternehmen eine andere Ausgangslage und lasse sich mit der Swisscom-Lösung nicht über einen Kamm scheren.

Kritik an Parallelnetzen

«Der Kunde will einen Internetanschluss mit einer klar definierten und garantierten Geschwindigkeit. Für ihn ist lediglich wichtig, was aus der Steckdose kommt. Wie es gebaut wird, ist ihm hingegen egal», erklärte Gamper. Auch ärgere es viele kleine Gemeinden, dass die Swisscom die bereits bestehenden, kommunalen Breitbandangebote konkurrenziere, indem sie eben das tue, was Guyer zuvor verneint habe: nämlich Parallelnetze dort aufzubauen.