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"Tannöd": Beklemmender Auftakt, biederer Ausklang

Dienstag, 11. Oktober 2011

Die Theater- und Konzertgesellschaft Mittelthurgau eröffnete am Samstag die Saison mit dem Kriminalfall «Tannöd». Die Zuschauer blieben beklommen zurück.

CHRISTOF LAMPART

WEINFELDEN. «Tannöd» ist einer der deutschsprachigen Krimis, die in den letzten Jahren für Aufsehen sorgten. Die ungewöhnliche Erzählperspektive, die fast penetrante Anwendung des Bayrischen als Schriftsprache sowie die bigotte Atmosphäre, die durch das ständige Rezitieren von Ausschnitten aus der «Litanei zum Troste der armen Seelen (zum Privatgebrauch)» aus einem Andachtsbuch für die christliche Frau aus dem Jahre 1922 untermauert wird, machen klar: Dieses bayrische Dorf ist verflucht, genauso wie der Tannöd-Hof, auf dem die ungeliebte Familie Danner samt Dienstmagd ermordet wurde.

Schlicht und düster

Diese beklemmende Atmosphäre zieht sich durch die ganze Produktion des Stadttheaters Fürth, die das Euro-Studio Landgraf am Samstagabend im Thurgauerhof in Weinfelden aufführte. Wirkliche Protagonisten kennt die Geschichte nicht. Die insgesamt je vier Darstellerinnen und Darsteller wechseln unter der Regie von Maya Fanke fast alle ihre Rollen, verkörpern fast fliegend je bis zu drei Personen, was die Wirkung des «Alle-im-Dorf-sind-schuldig»-Gefühls verstärkt. Bühnenbild und Kostüme sind ebenso schlicht wie düster: Braun, Beige, Grau, Schwarz und – als höchstes der Gefühle Weiss.

Der Liebhaber ist der Mörder

Der Höhepunkt der Beklommenheit ist kurz nach der Pause erreicht, als alle im Dorf einander misstrauen. Und so spannend der stetige Wechsel der Erzählperspektive ist – der wenig überraschende Schluss ist nicht nur im Roman die grosse Schwäche, sondern auch im Stück. Da ist die Spannung gross – und am Ende war's, kaum überraschend, der verschmähte Liebhaber, der einfach nur reden wollte und dann doch zornig zuschlug. In der Realität wurde der Sechsfachmörder von 1922 nie gefunden.

Als Höhepunkt eines Krimis ist das zu simpel. Somit bleibt ein etwas zwiespältiges Gefühl, was jedoch nichts an den tollen schauspielerischen Leistungen und der gelungen-beklemmenden Inszenierung ändert. Alles in allem war dies ein guter Start in die neue Saison.