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Spiel mir das Lied vom Tod

Montag, 14. Oktober 2013

Mit «Many to Many» gelangte am Freitagabend im Gare de Lion in Wil ein Theaterwerk zur Aufführung, das verstörte. Die Handlung – zwei junge Frauen, die sterben wollen – war schwierig zu verstehen.

CHRISTOF LAMPART

 Man nehme zwei spielfreudige Schauspielerinnen (Melinda Giger und Sylvie Kohler), eine abstruse Handlung und ein Thema – der Tod – der uns alle irgendwann einmal etwas angeht und somit von allgemeinem Interesse ist. Die Ausgangslage ist beim 75minütigen Einakter «Many to Many», einer Inszenierung des Luzerner Theaters «Mimito» (Konzept/Regie: Sarah-Maria Bürgin), vielversprechend.

Doch die Wege auf der Bühne sind verschlungen, und für Zuschauer, die sich am Freitag spontan entschlossen, den Theaterabend im Gare de Lion zu besuchen, ohne die literarische Vorlage von Igor Bauersima «norway.today» zu kennen, nicht nachvollziehbar. Dass sich die beiden jungen «Suicide Ladies» im Internet-Chat kennenlernen, ist nicht erkennbar. Ebenso könnte der Anfangsdialog auf einer Brücke stattfinden, wo sich per Zufall zwei verlorene Seelen treffen, um festzustellen, dass beide dasselbe wollen: sterben.

Mit dem Sterben wird nichts

Doch der Entschluss zu sterben ist leichter gefasst als umgesetzt. Nach einem halben Dutzend vergeblichen Anläufen wird klar, dass es mit dem Sterben nichts mehr wird. Und was bis anhin elanreich und witzig, da spontan wirkend, daher kam, verkommt nun auf einmal zur starren Maske. Nicht mehr das Wollen steht im Vordergrund, sondern das Müssen. Die Spontan-Aktion ist auf einmal eine Konvention.

Geplatztes Rendez-vous

Da nützt es nichts, dass sich die Frauen, die sich im Internet «Miss Indisch Lady Gaga» und «Lord of the Rings» nennen, schliesslich treffen, um sich in Transsylvanien zu töten. Was bleibt, ist ein diffuses Gefühl beim Zuschauer, zumal das nicht beendete Spiel mit dem Tod bei den Protagonisten nicht zu einer Selbsterkenntnis à la «Man lebt doch nur einmal» führt, sondern sie einzig und alleine erleichtert zurücklässt. Zurückgelassen fühlt sich auch ein wenig der Zuschauer. Wie wenn er ein Rendez-vous mit dem Tod vereinbart gehabt hätte, dieser dann aber doch nicht erschienen wäre.