Aktuell

<  zurück zur Übersicht

Soziale Institution wollte keine "Brücke" bauen

Freitag, 6. Mai 2011

Am Freitag wurde die Klage eines Uttwiler Architekten gegen eine Romanshorner Behinderten-Integrationsstätte weiter verhandelt. Dabei verhärteten sich die Fronten. Am Nachmittag standen Schlichtungsgespräche an.

CHRISTOF LAMPART

Die Parteien kamen am Freitagvormittag vor dem Bezirksgericht Arbon erneut zusammen, um über die beklagten Mängel und Mehrkosten zu beraten. Derweil erneuerte der Klägeranwalt seine Forderung nach einer angemessenen Bezahlung seines Mandanten. Kein normaler Mensch könne doch davon ausgehen, dass jemand die Planung und Bauleitung für ein Bauprojekt, dass neun Mio. Franken zusätzlich koste,  gratis mache. Fakt ist: Für den Neubau war ein fixes Kostendach von 19 Mio. Franken als auch ein fixes Architektenhonorar vorgesehen. Doch während die Institution behauptet, dass damit alle Honoraransprüche des Architekten erfüllt seien, geht dieser davon aus, dass dies nur für die Summe bis 19 Mio. Franken der Fall ist. Tatsächlich waren sich zu dem Zeitpunkt, als die 19-Millionen-Franken-Grenze erreicht wurde, alle darin einig, dass man auf gar keinen Fall Kosten über 19.5 Mio. Franken akzeptieren werde und dass alles, was darüber hinaus gehe, nicht bewilligt werden dürfe.  Doch die Baukosten wuchsen durch die diversen Extrawünsche der Bauherrschaft schliesslich auf 27 Mio. Franken an.

Architekt: Vorwurf ist zynisch

Ihm jetzt eine schlechte Bauleitung vorzuwerfen, sei geradezu zynisch, so der Architekt, habe doch die Institution die Sachen bestellt und nicht er. Vielmehr habe er, so der Architekt, den CEO der Institution mehrmals darauf hingewiesen, dass die Kosten nicht im Kostenvoranschlag enthalten seien und aus dem Ruder liefen.

Auch seien viele der nun von der Institution beklagten Mängel bereits auf Abnützung, bzw. auf deren eigenes Verschulden zurückzuführen. So habe der CEO am Architekten vorbei Arbeiten an einen Kompagnon vergeben. Auf der Mängelliste seien zweieinhalb Seiten an Mängel aufgelistet, welche Arbeiten beträfen, welche dieser Kompagnon  ausgeführt habe. Somit sei dieser und nicht er für die Mängel verantwortlich, so der Architekt. Auch dessen Anwalt bat das Gericht die Sache in der richtigen Relation zu sehen: Sein Mandant habe in nur 14 Monaten Bauzeit ein Bauwerk auf die Beine gestellt, das den Umfang von 50 bis 60 Einfamilienhäuser habe. Da könne es nicht sein, dass man jeden Nagel, der irgendwo heraus stehe als Mangel aufliste, sondern nähme „lieber selber mal einen Hammer in die Hand“, so der Anwalt.   

Ratlose Handwerker erlebt?

Die Gegenpartei sah dies ganz anders. Er habe noch nie ein solches Chaos auf einer Baustelle und ratlose Handwerker erlebt, wie hier, mokierte sich der Anwalt. Doch vielleicht ist er selbst nicht der massgebende Baufachmann, als der er sich zeitweise vor Gericht gab? Immerhin sprach er schon am Vortag davon, dass Lüftungsschächte vom Gesetz her unbedingt weiss gestrichen werden müssten. Dabei verwechselte er jedoch Lüftungs- mit Liftschächten. Der Finanzchef der Institution sagte, dass  die Institution selber die Mängelliste erstellt und die Baukostenabrechnung fürs Bundesamt für Sozialversicherung selbst hätten vornehmen, bzw. durch Dritte habe erstellen lassen müssen, da der Architekt dieser Pflicht nicht nachgekommen sei. 

Als am Ende der Verhandlung die Frage gestellt wurde, ob die „Thurgauer Zeitung“ am Nachmittag der Schlichtungsverhandlung beiwohnen dürfe, sagte der Architekt spontan „Ja“, während der Gegenanwalt dies mit den Worten „nein, auf keinen Fall, sonst verhandle ich am Nachmittag nicht“, ablehnte.