Aktuell

<  zurück zur Übersicht

Schweizer Bauern sehen schwarz

Mittwoch, 12. Oktober 2011

Den Schweizer Landwirten geht es zusehends schlecht. Nicht zuletzt deshalb, weil viele von ihnen uneins sind – zum Beispiel bei einer gemeinsamen Milchpolitik. Das war auch am Podium spürbar, zu welchem am Montagabend die „Neue Bauernkoordination Schweiz“ nach Märstetten eingeladen hatte.

CHRISTOF LAMPART

Der grosse Saal im „Kreuzstrasse“ in Märstetten war sehr gut gefüllt. Schliesslich hatten sich mit Edith Graf-Litscher (SP, Thurgau) Toni Brunner (SVP, St. Gallen) und Jakob Büchler (CVP, St.  Gallen) drei Nationalräte eingefunden, um gemeinsam mit der Grünen-Kantonsrätin Silvia Schwyter, Sommeri und unter der Leitung von Kommunikationsberater Klaus J. Stöhlker über das Thema „Wohin führen die Parteien die Schweizer Landwirtschaft?“ zu diskutieren.

„Schande“ Milchpreis?

Doch ans Thema hielt sich niemand mehr, nachdem der Präsident der „Neue Bauernkordination Schweiz“ (NBKS), Hans Stalder, erklärt hatte, dass der Milchpreis „mindestens einen Franken für das Kilo Milch“ betragen müsse. Dieser Betrag sei notwendig, wolle man eine überschaubare, bäuerliche und nachhaltige Landwirtschaft mit Familienbetrieben erhalten. Stalder bezeichnete es als „Schande“, dass es bäuerliche Organisationen gäbe, die bei 48 Rappen von einem kostendeckenden Milchpreis sprächen.

Toni Brunner sagte, dass die Uneinigkeit unter den Bauern, die seit der Aufhebung der Milchkontingentierung herrsche, diesen „sehr schadet“. Damit werde eine Preisspirale nach unten in Gang gesetzt, von der alle profitierten – nur nicht die Milchbauern. Einen „Paritätslohn“, zu ähnlich gelagerten Handwerksberufen würde er sofort unterschreiben, doch sei dieser nicht realistisch. „Wir müssen schauen, dass wir unseren Status quo halten können. Alles andere dürfte politisch nicht machbar sein“, so Brunner.

Zustimmung die Forderung eines Besuchers, man solle doch auf alle Süssgetränke eine Abgabe „von einem Franken je Liter“ erheben und mit diesem Geld die Produkte der einheimischen Landwirte leistungsgerecht bezahlen.

Geldmangel gefährdet Familien

Für die Eisenbahner-Gewerkschaftssekretärin Edith Graf-Litscher ist jedoch auch der billige Warentransport auf der Strasse ein Grund dafür, dass die guten Schweizer Lebensmittel durch ausländische Produkte unter Druck geraten. „Der Transport in die Schweiz müsste teurer sein“, so die Frauenfelderin.

Laut Jakob Büchler muss endlich Schluss damit sein, dass an den Direktzahlungen geschraubt werde. Zwar gebe es viele Bauern, die mit einem Nebengewerbe fehlendes Geld ausgleichen könnten, doch führe die ständige Mehrarbeit oft mit der Zeit zum familiären Aus. „Das kann auf die Dauer nicht gut gehen. Und wenn die Familie auseinanderbricht, dann ist es um die Existenz des Hofes geschehen“, so Büchler.

Silvia Schwyter betonte, dass Ökologie und ein hoher Selbstversorgungsgrad „kein Widerspruch“ sein müssen. Eine gute Landwirtschaft könne nicht „gegen, sondern nur mit der Natur schaffen“ – dies sehe man auch an Projekten wie der Thurkorrektion. Allerdings seien Fortschritte „nicht zum Nulltarif zu haben“, forderte Schwyter die Bauern auf, zum Wohle aller, Kulturland zu opfern.