Aktuell

<  zurück zur Übersicht

Mario Schmitt wegen Rassismus verurteilt

Freitag, 3. Juli 2015

Das Kreisgericht Wil sprach den Wiler SVP-Politiker Mario Schmitt gestern in sämtlichen Anklagepunkten der mehrfachen Rassendiskriminierung schuldig. Das Urteilsende bekam Schmitt indes nicht mehr mit. Er hatte zuvor bereits den Saal verlassen. CHRISTOF LAMPART

WIL. Mario Schmitt sorgte dafür, dass ihm am Donnerstagabend keiner die Show stahl. Als klar war, dass der Richter ihn zu 120 Tagessätzen à 140 Franken (16 800 Franken) bedingt mit einer Probezeit von zwei Jahren sowie zu je einer Busse von 1000 Franken (oder 10 Tage Haft) und der Übernahme der Verfahrenskosten von 3800 Franken verurteilt hatte, da erhob er sich vom Platz und verliess den Saal. Nicht ohne sich vorher mit seinem Anwalt Hermann Lei (bekannt geworden mit der Hildebrand-Affäre) tuschelnd zu beraten.

Auch dass der Richter ihm eine Ordnungsbusse in noch festzulegender Höhe auferlegte, störte den Fraktionspräsidenten der Wiler SVP nicht. «Ich weiss noch nicht, ob wir in Berufung gehen; da muss ich erst einmal die schriftliche Begründung abwarten.» Politische Konsequenzen für sich will er nach dem Urteil nicht ziehen. Weder trete er aus dem Wiler Stadtparlament zurück, noch wolle er sich die Meinung verbieten lassen. Lediglich was seine Posts in den Sozialen Medien anbelange, werde er sich etwas zurückhalten, betonte Schmitt.

«Mir kommt gleich das Kotzen»

Um was ging es in diesem Fall? Schmitt hatte sich im September 2014 auf seinem Facebook-Account mehrmals negativ gegenüber dem Islam geäussert. Auslöser für die Kommentare war die gefilmte Enthauptung von Steven Sotloff durch den Islamischen Staat (IS). Schmitt veröffentlichte Kommentare wie «mir kommt gleich das Kotzen… wann wird diese Religion endlich ausgerottet?» oder «Weisheit des Tages: Hast du Allah in der Birne, ist kein Platz mehr fürs Gehirne».

Meinungsfreiheit oder Hetze?

Die Anklage sei nicht leichtfertig und schon gar nicht politisch motiviert erhoben worden, so der Staatsanwalt. Er vertrat die Meinung, dass insbesondere mit dem «Ausrotten»-Zitat die Grenze zur weit gefassten, freien Meinungsäusserung ganz klar überschritten worden sei. «Es geht hier um eine Grenzziehung zwischen freier Meinungsäusserung und menschenverachtender Hetze». Der Verteidiger sah das anders: Der Angeklagte habe mit seiner Äusserung nicht den Islam angegriffen, sondern den IS, weil dieser nicht islamisch, jedoch menschenverachtend und brutal sei. Auch sei das Verfahren deutlich politisch motiviert. Man habe mit der Anzeige einen politischen Gegner mundtot machen wollen, so Lei.

Für den Richter stand fest, dass Schmitt eine «hohe Rechtsgutverletzung» begangen habe. Denn eine Religion lasse sich nicht als solche ausrotten, sondern sei immer an Gläubige gebunden. «Da geht es ans Eingemachte», urteilte der Richter und qualifizierte Schmitt als «Hassprediger in einem anderen Sinne» ab. Seine Äusserungen seien dazu geeignet, den «öffentlichen Frieden zu stören» und stellten eine «zentrale Degradierung und grobe Geringschätzung» anderer Religionsangehöriger dar.