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Mächtig Feuer unter dem Hofdach

Freitag, 17. Juni 2016

Die Finanzen sind im Lot, die dritte Renovationsphase des Hofes in Sicht. Und doch macht der Leiter des Wiler Ortsmuseums, Werner Warth, keinen Hehl daraus, was er vom neuen Nutzungskonzept des Hofs hält – sehr wenig. CHRISTOF LAMPART

 

WIL. Schon während der Jahresversammlung der Stiftung Hof zu Wil kündigte der Leiter des Wiler Ortsmuseums, Werner Warth, an, dass er nach der Präsentation des Nutzungskonzeptes (Wiler Zeitung vom 24. Mai) durch Projektleiterin Gloria Weiss von der St. Galler Agentur Alltag einiges zu sagen haben werde. Warth präsentierte denn auch im bis auf den letzten Platz gefüllten Hofkeller am Dienstagabend unverblümt seine Gedanken zum – aus seiner Sicht – schlechten Nutzungskonzept fürs zukünftige Hof-Museum.

Neue Nutzer anlocken

Zuvor hatte Gloria Weiss verdeutlicht, dass nach der dritten Bauetappe der Hof neue Nutzer anlocken soll. Und zwar praktisch täglich. Das Verweilen im Hof, sei es zum Kindergeburtstag, beim Besuch eines etwaigen Hofladens oder zur Einkehr in einer Trinkstube, soll salonfähig werden. Auch die Möglichkeit, ungenutzte Räume für private Projekte nutzen zu können, soll ein fixer Bestandteil des Konzepts sein und Leben ins alte Gemäuer bringen. Auch eine «historische Übernachtungsmöglichkeit» für Touristen sei denkbar. «Die Wiler müssen so stolz auf den Hof sein, dass man als Einheimische mit seinem auswärtigen Besuch fast zwangsläufig dort hingeht und ihn zeigt», sagte Weiss. Bei der Erarbeitung des Nutzungskonzeptes stand auch das Nutzungskonzept der Lokremise St. Gallen Pate. Laut Weiss soll die Vermittlung der Hofgeschichte durch die Nutzung der Räume geschehen und das Museum im Dachstock eine «Wunderkammer sein, in der einem die Geschichte nur so entgegenspringt». Ein Besuch dieser Dauerausstellung könne ein Wahnsinnserlebnis sein (Stichwort: «augmented reality»), schwärmte Weiss, ohne jedoch konkret zu werden.

«Das Museum wird sterben»

Warth erläuterte, dass das Stadtmuseum heute im wesentlichen durch die Ortsgemeinde Wil finanziert und unterhalten werde. Im neuen Nutzungskonzept sei ein eigentlicher Museumsbetrieb aus Kostengründen jedoch nicht vorgesehen, damit die Betriebskosten tief gehalten werden können. «Das bedeutet, dass der Betrieb mit sehr wenig Personal auskommen muss, dass die Sammlung nicht pflegeintensiv inszeniert wird und das thematische Wechselausstellungen eine Ausnahme bilden», so Warth. Werde das Nutzungskonzept realisiert, «so wird das Museum sterben. Es gibt dann einfach eine Dauerausstellung und keine Wechselausstellungen mehr», ärgerte sich Warth, welcher für seine Ausführungen regen Applaus erhielt. Er wisse zwar, dass die Ideen und Visionen noch nicht in Stein gemeisselt seien, doch wolle er mit seinem Engagement frühzeitig verhindern, dass ein aus seiner Sicht falscher Weg eingeschlagen werde. Denn Museen mit lokalhistorischem Ansatz lebten nicht von einer attraktiven Dauerausstellung. «Eine Dauerausstellung ist bald einmal von der Bevölkerung gesehen. Es sind die Wechselausstellungen, welche die Leute dazu verlocken, ins Museum zu gehen.»

Auch sieht Warth den Sammlungsauftrag des Museums gefährdet. «Die über 3000 Objekte, die in Wil hergestellt wurden oder zu Wil einen starken Bezug haben, bilden heute eine wichtige Anlaufstelle gegen das Verschwinden von lokalen oder aus der näheren Umgebung stammenden Gegenständen.» Dass diese fachgerecht inventiert, gepflegt und nach Möglichkeit in Wechselausstellungen dem Publikum gezeigt werden müssten, «ist eine der Hauptfunktionen eines lebendigen Museums oder einer Sammlung».