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Kein Spiel, das man nicht ablehnen kann

Dienstag, 1. September 2015

Der im Engadin aufgewachsene und im Thurgau lebende Daniel Badraun hat mehrere Krimis für Kinder und Erwachsene geschrieben. Mit «Gelegenheit macht Diebe» hat er nun sein erstes Krimi-Kartenspiel veröffentlicht, dessen Schauplatz die Uhrenmesse ist. CHRISTOF LAMPART

Beim «Spiel des Jahres 2015» belegen mit Sieger «Colt Express», «Machi Koro» und «The Game» gleich drei Kartenspiele das Podest. Die Messlatte in diesem Genre liegt also sehr hoch. Auch der Buchverlag Gmeiner versucht sich mit Krimi-Kartenspielen – bislang mit mässigem Erfolg. Das nun fünfte heisst «Gelegenheit macht Diebe» und stammt vom Schlattinger Daniel Badraun, der sich bis anhin als Krimi-, aber noch nicht als Spiele-Autor einen Namen gemacht hat.

Haptisch angenehm

Der erste Eindruck ist ein solider – denn der Deckel sitzt so fest auf der Schachtel, dass man sie kaum öffnen kann. Die länglichen Spielkarten sind von guter Qualität, die Holzklötzchen haptisch angenehm und schön farbig. Die Hand- und Rollenkarten sind nüchtern gestaltet, was kein Vorteil ist, denn so müssen sich Anfänger immer wieder durch die sechs Rollenkarten lesen, bis jeder alle Charaktere beziehungsweise die gestellten Aufgaben überblickt. Hier hätte mehr Orientierungshilfe nicht geschadet. An unseren Spielabenden waren Sätze wie «Wer ist das schon wieder?» oder «Was macht die Figur noch einmal genau?» die Regel und nicht die Ausnahme.

Karten und Klötzchen

«Gelegenheit macht Diebe» ist ein einfaches Spiel, bei dem im Rundenverlauf jeweils die Bedingungen und die Rolle eines jeden Spielers festgelegt werden. Zuerst werden alle 48 Karten (es gibt Diamanten, Juwelen, Uhren und Geld; Werte von 1 bis 9 sowie +3, +5 und +7) gemischt und verteilt. Danach setzen alle Spieler zwei ihrer sieben Klötzchen auf eine oder zwei der offen ausliegenden sechs Rollenkarten (Dieb, Polizei etc.). Wer eine +3- Karte legt, darf die Beute in dieser Runde bestimmen, zum Beispiel Diamanten. Auf den Rollenkarten stehen Aufgaben und die möglichen Verluste und Gewinne. Der «Dieb» erhält zum Beispiel für jede Beutekarte drei Siegpunkte, wenn er sich mindestens vier der zwölf Beutekarten sichern kann.

Eine starke Karte

Eine gewisse Unberechenbarkeit bringt die +5-Karte ins Spiel, die es in jeder Farbe einmal gibt. Sie schlägt jede andere Karte und muss nicht bedient werden. In unseren Runden zeigte es sich, dass es ein grosser Vorteil ist, wenn einer drei der +5-Karten auf der Hand hat. So etwas sorgt bei den Gegnern eher zu einem resignativen «Na ja». Klar finden Sieger ein Spiel immer «gut». Aber wenn sich riesige Diskrepanzen in der Wertung ergeben, ohne dass sie aufs spielerische Können zurückzuführen sind, so spricht das eher gegen als für den Reiz des Spiels.

«Gelegenheit macht Diebe» funktioniert durchaus, es ist jedoch kein herausragendes Kartenspiel. Lohnt sich also ein Kauf? Wer nicht allzu komplexe Stichspiele mag und einen lokalen Autor unterstützen möchte, erhält hier ein Kartenspiel, das Spass machen kann, auch wenn es nicht zum Klassiker taugt.

Daniel Badraun: Gelegenheit macht Diebe. Kartenstichspiel für 3–6 Personen ab 8 Jahren, Spieldauer 60 Minuten. Gmeiner, Fr. 15.–