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Karriere in der Politik abgelehnt

Dienstag, 26. November 2013

Der Unternehmer, Professor und Investor Giorgio Behr stuft den Thurgau am Herbstanlass der IHK als wirtschaftlich soliden Kanton mit guten Strukturen ein. Der Berufsnachwuchs liegt ihm am Herzen.

CHRISTOF LAMPART

STEN AM RHEIN. Giorgio Behr sprach am Herbstanlass der Industrie- und Handelskammer des Kantons Thurgau. Für einmal fand die Veranstaltung nicht im Thurgau, sondern in Stein am Rhein statt. Der 65-Jährige erklärte im Gespräch mit Moderator Matthias Wipf, dass er nicht mit Sicherheit wisse, warum er im Geschäftsleben oft erfolgreich gewesen sei. Er sei jedoch jemand, der sich immer auf die Sache, die er aktuell tue, voll und ganz konzentriere. Ausserdem habe er keine Mühe, schnelle Entscheidungen zu fällen. «Es kommt vor, dass sich ein Entscheid als falsch herausstellt, aber wer rasch entscheidet, hat die Möglichkeit, diesen Entscheid zu korrigieren», so Behr.

Kompetenzen abtreten

Er wolle in Zukunft persönlich einiges an Zeit investieren, um jungen Menschen die Fähigkeit des raschen Entscheidens beizubringen. «Ich denke, das sind wir unserem Berufsnachwuchs schuldig», so Behr. Er habe sich mit 35 Jahren beruflich selbständig gemacht, doch sei er nach wie vor davon überzeugt, dass es besser sei, die ersten zehn Berufsjahre als Angestellter zu verbringen, denn dann gingen die eigenen Fehler zu Lasten anderer, und man könne selbst daraus lernen. Wichtig sei auch, dass man als Firmenchef lerne, nicht nur die Arbeit, sondern auch die Kompetenzen zu delegieren. «Nur so sind Mitarbeiter langfristig motiviert und kann das Unternehmen nachhaltig wachsen», zeigte sich Behr überzeugt. Zugleich habe er als Chef jedoch immer darauf geachtet, gut informiert zu sein, und «dass die Mitarbeiter das Gefühl haben, ich wüsste über alles Bescheid».

Sein Bezug zum Thurgau sei nach wie vor stark, auch wenn er nicht nur gute Zeiten als Verwaltungsratspräsident von Saurer, sondern auch schlechte als gescheiterter Investor bei der Sia Abrasives erlebt habe. Der Thurgau sei ein gesunder Kanton, was sich auch daran sehen lasse, dass die Kantonsverwaltung 1200 Franken je Einwohner weniger ausgebe als Schaffhausen. Den Kanton Schaffhausen mache der Umstand, dass er wirtschaftlich quasi ein vergrösserter Stadtkanton sei, ebenso zu schaffen wie die Tatsache, dass ihm ein nationales Umland fehle. Die Konkurrenz, in der Schaffhausen, aber auch der Thurgau zu Deutschland stehen, sei extrem und hemme oft geschäftliche Investitionen.

Drei Parteien fragten an

Dreimal sei er für eine Ständeratskandidatur von drei verschiedenen Parteien angefragt worden. «Die eine begann mit F, die anderen beiden mit S und stellten den grössten denkbaren Gegensatz dar», so Behr.

Gleichwohl sei eine Politiker-Karriere für ihn nie eine Option gewesen. Würde die Politik effizienter werden, so könne es durchaus sein, dass sich inskünftig wieder vermehrt andere Firmenchefs ausser Bauunternehmer für einen aktiven Einstieg in die Politik begeisterten. Das gelte bereits auf der Stufe Kantonsrat. Dazu wäre es aber nötig, die Strukturen zu ändern.