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In opernhaften Klängen geschwelgt

Dienstag, 8. November 2011

Mit einem begeisternden Gesangsvortrag belohnte das Vokalensemble Cantemus all jene, welche am Sonntagabend in die katholische Kirche Weinfelden kamen. Gegeben wurde Gioacchino Rossinis „Petite Messe solennelle“.

CHRISTOF LAMPART

Und zwar für einmal in der Originalfassung. Das „Petite“ bezieht sich nicht in etwa auf die Länge des Werkes – diese ist mit annähernd eineinhalb Stunden Dauer beachtlich -, sondern auf die Besetzung.

Mann statt Frau

Denn im Gegensatz zur heute oft gespielten Aufführung mit Orchester, trug „Cantemus“ die von Rossini selbst vorgezogene Begleitung durch lediglich ein Klavier (Richard Raiser) und einem Harmonium (Jörg Engeli) vor.  Zwar war die Anzahl der Sängerinnen und Sänger annähernd doppelt so gross wie zu Rossinis Zeiten, doch singt Cantemus für gewöhnlich auch in grösseren Räumlichkeiten, wohingegen die Uraufführung der „Petite Messe solennelle“ im März 1864 in der kleinen Privatkappelle der Pariser Adeligen Louise Pillet-Will vonstattenging. Auch wurde die tiefe Solo-Frauenstimme  in Weinfelden für einmal nicht mit einem Alt besetzt, sondern mit einem Altus; denn der „Kastrat“, welcher Rossini in der Besetzung vorschreibt, ist heutzutage verständlicherweise nicht ohne weiteres aufzutreiben.

Eher in einer Oper

Durch diese Besetzung stand dem musikalischen Leiter von „Cantemus“, Heinz A. Meyer, ein Verbund aus Instrumentalisten, Choristen und Solisten zur Verfügung, der es darauf anlegte, das frohe Werk möglichst transparent und opernhaft  klingen zu lassen. Insbesondere die Solisten Lisa Stöhr (Sopran), Alexander Seidel (Altus), Neal Banerjee (Tenor) und Fréderic Bolli (Bass) nutzten die von Meyer gewährten Freiheiten und schwelgten massiv in Belcanto-Klängen. Insbesondere beim sechsteiligen Gloria wähnte man sich eher in einer Oper, denn in einem Gotteshaus. Ziemlich süss und bodenständig zugleich, wirkte das Werk wohltuend profan und in etwa so geistlich wie eine von Rubens gemalte Madonna. Hätten die Zuhörer spontan – wie in italienischen Opernhäusern üblich -  „bravo“ oder „da capo“ gerufen, und nicht bis zum Ende mit ihrem Applaus zugewartet, so wäre man zumindest nicht erstaunt gewesen.

Lieblich, vornehm, opulent

Dass die Aufführung uneingeschränkt als gelungen bezeichnet werden darf, war insbesondere „Cantemus“ zu verdanken. Das Vokalensemble brachte das Semi-seria-hafte der Werkes mit Schmelz und Schmackes zur Geltung. Triefende Lieblichkeit wechselte hier mal mit vornehmer Zurückhaltung und opulenter Klanggebung ab. Hier wurde für alle Zuhörer stimmlich etwas „geboten“! Auch wusste Meyer stets die für seine Sängerinnen und Sänger richtigen Tempi zu wählen und trug damit nachhaltig zu einem Konzertabend bei, welcher vielen wohl noch lange in sehr guter Erinnerung bleiben dürfte.