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Ihnen ist die Banane nicht Banane

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Ende November erhielten die Frauenfelder Bananenfrauen den Anerkennungspreis der Stadt. Übermorgen wird die Ausstellung «Hartnäckig & unverfroren» eröffnet. Momentan seien sie «wieder voll im Geschäft», sagt Initiantin und Pfarrersfrau Ursula Brunner.

CHRISTOF LAMPART

FRAUENFELD. 88jährig ist Ursula Brunner mittlerweile. Doch in der zierlichen Dame lodert immer noch das feu sacré, wenn es darum geht, Ungerechtigkeiten öffentlich anzuprangern. «Das lässt mir dann keine Ruhe», bekennt Ursula Brunner, während ihre Mitstreiterin, Aenni Rotzler, Zeitungsausschnitte von anno dazumal auf dem Tisch ausbreitet. Artikel aus der Thurgauer Zeitung, aber auch eigene Pamphlete.

«Wir mussten doch etwas machen, denn es ging und geht nicht an, dass wir unsere günstigen Preise auf die Produzenten abwälzen, die oft schon am Existenzminimum leben», sagt Ursula Brunner entrüstet.

Wegbereiterinnen des Fair Trade

Mit der Frage «Warum ist eine Banane billiger als ein Apfel?» sensibilisierten die Bananenfrauen von den 70er-Jahren an die Öffentlichkeit für die Problematik des Welthandels und die sozialen und ökologischen Missstände im Bananenanbau.

Die Bananenfrauen verkauften zunächst konventionelle Chiquita-Bananen mit einem Aufpreis, der sozialen Projekten in den Herkunftsländern zufloss. Später importierten sie Bananen aus Nicaragua («Nicas») und führten eine Kampagne «Nicas statt Chiquitas». Heute gelten die Bananenfrauen als Wegbereiterinnen des fairen Handels in der Schweiz.

«Wieder zum Leben erweckt»

Mit der Ausstellung werde, so Aenni Rotzler, «alles von damals irgendwie wieder zum Leben erweckt». Jene Zeit, in der Brunner, Rotzler und ihre Mitstreiterinnen («Wir wollten keine Männer dabei haben») der Migros je gekauftes Kilo Bananen 15 Rappen zurück überwiesen. Mit der Bitte, dieses Geld doch für Besserstellung der Produzenten einzusetzen.

Der erfolgreiche Aktionstag vom 18. Oktober 1973 gab der jungen Bewegung massiv Auftrieb, und bald gab es überall in der Schweiz Bananenfrauen-Gruppen. Diesen Schwung kann man an der Ausstellung – die Vernissage ist kommenden Freitag um 18 Uhr – auch nach nunmehr vierzig Jahren noch einmal problemlos miterleben. Zumal die Bananenfrauen nicht nur an der Vernissage, sondern auch zumindest an jedem Ausstellungssamstag in der Baliere präsent sein werden.

Denn dann erzählen die Aktivistinnen von einst nicht nur von gestern, sondern wollen die Zuhörerschaft auch auf die nach wie vor schwierige Situation der Bananenproduzenten aufmerksam machen.

Zwar hat sich in den letzten vier Jahrzehnten nicht nur ein starkes öffentliches Bewusstsein für einen fairen Handel herausgebildet und sich die Einkommen der Produzenten zudem verbessert – doch für Brunner ist das nur vordergründig ein Sieg, denn «die grossen Nahrungsmittelunternehmen und Grossverteiler verdienen am meisten am fairen Handel».

Ein echtes Engagement für Gerechtigkeit müsse anders aussehen, Fairness müsse ein firmenintern gelebter Standard und nicht nur ein Label auf einem Produkt sein, ergänzt Aenni Rotzler.