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Hilfeschrei aus den Sozialämtern

Sonntag, 22. Mai 2016

Die aktuelle Asylfrage beschäftigt die St. Galler Sozialämter immer heftiger. Für die St. Gallische Konferenz für Sozialhilfe steht mittlerweile fest: Die Sozialämter sind bei diesem Thema am Limit angelangt. CHRISTOF LAMPART

 

DEGERSHEIM. Dies erklärte der Präsident der St. Gallischen Konferenz für Sozialhilfe (KOS), Kurt Felder aus Jona, an der KOS-Jahrestagung. Felder erklärte im Hotel Wolfensberg, es bereite ihm Sorgen, was er gegenwärtig im Kanton St. Gallen zum Thema Asyl und Flüchtlinge zu sehen und hören bekomme. Denn es sei eine unbestreitbare Tatsache, dass man die Hauptlast an der grossen Flüchtlingsproblematik gegenwärtig an die Sozialhilfe delegiere. Diese könne und solle auch helfen, stehe alleine gelassen jedoch zunehmend auf verlorenem Posten.

Der Druck nimmt zu

Die Sozialhilfe als letztes Auffangnetz stellt einen wichtigen Pfeiler in unserem Sozialsystem dar, kann aber nicht alle Probleme alleine lösen. Dass sich die Problematik schon bald wie von Zauberhand in Luft auflösen werde, glaubt Felder mitnichten: «Es haben sich Flüchtlingsströme von unglaublichem Ausmass in Richtung Europa bewegt. Es werden in Europa die Grenzen geschlossen, Zäune gebaut, die Ausländerfeindlichkeit geschürt und, wo sich eine Million Flüchtlinge aufhalten, brennen wieder Asylbewerberheime», sagte Kurt Felder zur wenig erfreulichen Ausgangslage. Doch genau diese drücke immer mehr auf die Sozialämter des Grenzkantons St. Gallen durch.

Am Limit angelangt

Es sei zwar gut und recht, dass die ankommenden Asylbewerber nach vier Monaten auf die Gemeinden verteilt und nach dem bekannten Schlüssel verteilt würden. Jedoch könne es in Sachen Erhöhung nicht so weitergehen. Felder beklagte sich darüber, dass die Zahl der zu verteilenden Asylbewerber sukzessive erhöht werde. So sei die Zahl zu verteilender Personen im März dieses Jahres auf 4500 Personen und im Mai weiter auf 5000 erhöht worden. Das entspreche einem Prozent der gesamten ständigen Wohnbevölkerung des Kantons St. Gallen, sagte Felder. Und der Präsident doppelte nach: «Die Sozialämter sind bei diesem Thema am Limit. Sie erhalten von ihren Vorgesetzten teilweise keine personellen Ressourcen, finden keine Unterkünfte mehr, haben einen riesigen Betreuungsaufwand zu bewältigen und nicht zu vergessen: Die <normalen> Sozialhilfeklienten haben auch Anspruch auf persönliche Hilfe.»

Fehlende Deutschstunden

Darüber hinaus zählten die zu Betreuenden aus dem Asyl- und Flüchtlingsbereich nicht immer zur einfachsten Klientel. Immer häufiger höre er von Burn-out und dass sich die Mitarbeitenden der Sozialämter in diesem Thema alleingelassen fühlten. Da passe es gut ins Bild, dass es der Kanton St. Gallen aufs neue Jahr hin «geschafft» habe, die Anzahl der finanzierten Deutschstunden auf jährlich 500 zu limitieren. Diese neue Regelung werde nicht viel zur Integration von Flüchtlingen beitragen und stosse bei den Sozialämtern auf sehr grosses Unverständnis, tat Kurt Felder seinen Ärger kund.

Endlose Wartezeiten

Doch nicht nur die Dossiers bei den anerkannten Flüchtlingen haben zugenommen, sondern auch die Zahl der jungen Erwachsenen ohne Erstausbildung und die Klientel der Altersgruppe 55plus. Für diese sei es sehr schwierig, eine neue Arbeit zu finden. Ebenso stressig seien die endlosen Wartezeiten auf die Entscheide der Sozialversicherungen, heisst es in Felders Jahresbericht. Für den KOS-Präsidenten ist klar, dass nicht nur Flüchtlinge, sondern auch diese Personen «auf unsere Integrationsbemühungen angewiesen sind». Jedoch habe er vermehrt das Gefühl, dass nur noch von der Integration der Flüchtlinge gesprochen werde.