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Handy-Betrügerin ist geständig

Mittwoch, 3. Dezember 2014

93mal hat eine Frau im Zeitraum von 2009 bis 2013 im Internet Mobiltelefone zum Kauf angeboten. Sie kassierte das Geld, lieferte jedoch kein einziges Gerät. Nun stand sie gestern vor dem Bezirksgericht Münchwilen. CHRISTOF LAMPART

SIRNACH. Die Anklage wirft der nicht vorbestraften 29jährigen Frau versuchten und gewerbsmässigen Betrug, Urkundenfälschung und Beschimpfung vor. Die Forderung: 40 Monate Haft unbedingt sowie eine Busse von 50 Tagessätze à 30 Franken. Zudem seien ihr die Untersuchungs- und Verfahrenskosten aufzuerlegen. Davon wollte die Verteidigung nichts wissen. Die Beschuldigte sei in den ersten beiden Punkten freizusprechen und nur wegen Urkundenfälschung und Beschimpfung zu verurteilen. Als Strafmass erachtete die Verteidigung höchstens zwölf Monate bedingt als angemessen.

Die Angeklagte trat gestern vormittag im Gerichtssaal in Sirnach selbstsicher auf. Sie nutzte die Gelegenheit, um sich bei den Geschädigten zu entschuldigen.

Notlage löste alles aus

Die alleinerziehende Mutter dreier Kinder, die ohne Berufsausbildung ist, erkannte den Grossteil der ihr angelasteten Delikte an. Sie erklärte jedoch auch, dass sie es nur getan habe, um die eigene Familie durchzubringen. Das Sozialamt habe ihr aufgrund des Verdienstes ihres damaligen Lebenspartners keine Gelder ausbezahlt – und ihr Lebenspartner habe sie nur zeitweise finanziell unterstützt. In dieser Notlage sei sie auf die Masche mit dem Internet gekommen. Dort hat die Frau von 2009 bis 2013 um die 100 Mobiltelefone verkauft – aber niemals das Gerät dazu geliefert. In den vergangenen zwei Jahren sei ihr aber hinsichtlich der Untaten «ein Licht aufgegangen». Bereits im Juni 2012 musste sie die erste von zwei Untersuchungshaften von insgesamt 122 Tagen antreten.

Urkundenfälschung

Nebst den Scheinverkäufen auf Internetplattformen unter verschiedenen Pseudonymen musste sich die Frau auch für weitere Untaten verantworten. Die 29-Jährige hat bei einem Grossverteiler unter dem Namen von Bekannten Esswaren und Kinderkleider bestellt und diese letztlich aber an ihre Adresse liefern lassen. Auch bestellte sie dreimal einen Festnetzanschluss unter falschem Namen und machte sich somit der Urkundenfälschung schuldig. Damit nicht genug: Nebenbei beschimpfte sie einen reklamierenden Kunden per E-Mail.

Für die Staatsanwältin war klar, dass es sich bei diesem Fall um «grösstenteils vollendeten Betrug während vier Jahren und in über 100 Fällen» handle, womit der gewerbsmässige Betrug gegeben sei. Die Beweggründe seien nicht strafmildernd, da schon damals Betreibungen gegen die Frau liefen. Die Taten habe diese somit «aus eigenem Antrieb und mit Vorsatz» begangen, so die Anklage. Insgesamt beläuft sich der von ihr angerichtete Schaden auf über 67 400 Franken.

«Zu leichtgläubig gehandelt»

Anders sah es die Verteidigung. Die Kunden der Frau hätten beim Abschluss der Verträge leichtgläubig gehandelt und ein Mindestmass an Vorsicht vermissen lassen. Gerade dies sei angebracht, wenn man ein teures Gerät von einer Person erwerbe, die keinerlei positive Bewertungen auf der Internetplattform habe.

Auch hätte der Grossverteiler bei den hohen Beträgen durchaus misstrauisch werden und eigene Nachforschungen anstellen können. Und schliesslich habe es der Telefonanbieter schlichtweg versäumt, beim Vertragsabschluss einen Identitätsausweis zu verlangen. Die Verteidigung erachtete das Strafmass als zu hart. In Zürich seien vorbestrafte Millionenbetrüger mit bedingten Strafen abgeurteilt worden.

Das Urteil wird den Parteien schriftlich eröffnet.