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Ganz auf Transparenz angelegt

Sonntag, 2. Dezember 2012

Am Wochenende gastierten der Thurgauer Kammerchor und das Thurgauer Barockensemble mit einem vielseitigen Programm in Kreuzlingen. Die Auswahl war zwar gewagt, doch das Gehörte überzeugte weitestgehend.

CHRISTOF LAMPART

KREUZLINGEN. Wer ein Konzert organisiert, geht immer ein Wagnis ein, steht er doch vor folgender Fragestellung: Soll es ein massentaugliches «Standardprogramm» sein oder etwas, bei dem ein weitestgehend aus eingefleischten Fans bestehendes Publikum Neues entdecken darf? Der Thurgauer Kammerchor und das Thurgauer Barockensemble entschieden sich fürs zweite und gingen zumindest publikumsmässig ein Risiko ein, das sich zumindest am Samstagabend nicht ausbezahlte, war doch das Gotteshaus gerade einmal zur Hälfte gefüllt. Das Konzert wurde am Sonntagabend noch einmal an gleicher Stätte aufgeführt, dies jedoch nach Redaktionsschluss, weshalb über diesen Publikumsaufmarsch hier nichts geschrieben steht.

Differenzierte Darbietung

Ein Programm, das aus Claudio Monteverdis Magnificat für achtstimmigen Chor, Giacomo Carissimis kurzem, aber gewaltigen Oratorium «Jephte» und Haydns «Theresienmesse» besteht, ist eigentlich nicht schlecht, weil im Grunde genommen sehr abwechslungsreich. Ein feierlicher Beginn, eine biblische Geschichte ohne Happy End und eine milde, von melodischer Innigkeit geprägte Messe sind vielversprechende Zutaten für einen gelungenen Konzertabend. Doch es kommt halt immer darauf an, was die Aufführenden aus den «Ingredienzien» machen. Und ob da der fast kammermusikalische Ansatz durchwegs der richtige war? Dirigent Raimund Rüegge setzte nämlich durchwegs auf das schon in früheren Jahren angewandte Erfolgsrezept, die Stücke möglichst differenziert darzubieten. Die Aufführung war auf maximale klangliche Transparenz angelegt, wobei Chor und Orchester im Zusammenspiel gleichermassen gekonnt kammermusikalische Tugenden offenbarten. Mit anderen Worten: Den durchgehend sehr guten Solisten Vera Ehrensperger (Sopran), Alexandra Forster (Alt), Simon Witzig (Tenor) und Patrick Oetterli (Bass) – welche übrigens allesamt ihre Ausbildung an der Musikhochschule Winterthur/Zürich absolvierten – wurde eine perfekte Plattform zur Entfaltung der eigenen Charaktere dargeboten.

Hervorragende Solisten

Und doch hätte es zugleich ein bisschen «mehr» an Stimme und Strahlkraft seitens des Chores schon sein dürfen. Dies galt insbesondere beim Oratorium «Jephte», bei dem man sich einen stimmlich präsenter auftretenden Chor als aktiven Gegenpol zu den Solisten gewünscht hätte. Bei letzteren tat sich vor allem Vera Ehrensperger hervor, die bei allen Stücken mit ihrem unglaublich sicheren, strahlkräftigen und doch zugleich warmen, leicht ausschwingenden Sopran, der zu keiner Zeit an diesem Abend an sein Limit stiess, überzeugte. Mit lyrischem Schmelz in der Stimme konnte auch Simon Witzig das Publikum problemlos für sich einnehmen. Profund und sicher agierten Alexandra Forster und Patrick Oetterli. Beide erledigten die ihnen zugedachten Aufgaben ausgezeichnet, so dass dieses sehr «frische» Quartett einen sehr positiven Eindruck hinterliess. Es wäre zweifelsohne sehr schön, wenn man diese Sängerinnen und Sänger auch bei anderen, grösseren Oratorien zusammen singen hörte. Das Publikum spendete den Aufführenden am Ende einen langen und intensiven Applaus, den sich zweifelsohne alle Aufführenden auch sehr verdient hatten.