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Frau Hanselmann darf nicht verhungern

Mittwoch, 29. November 2017

WIL ⋅ Einen humorvollen Sonntagmorgen bescherte die Volkshochschule Wil dem Publikum am «Persönlich»-Talk. Zu Gast waren diesmal Regierungsrätin Heidi Hanselmann und der Ostschweizer Clown Pic.

Christof Lampart

Es war schon nach wenigen Minuten klar, dass dies nicht einfach ein trockenes Interview werden würde – schliesslich hatten die beiden Gäste von Moderator Roland P. Poschung schon vor dem Beginn ein gemeinsames Lieblingsthema ausgemacht: den Fussball. Die überaus sportliche Heidi Hanselmann erklärte, dass sie früher in St. Gallen zwar regelmässig mit den Buben habe mittrainieren dürfen, doch beim Match draussen stehen musste. «Das war unfair», doch hat die spätere Logopädin dann den Weg in den Firmensport gefunden, wo sie als Rechtsaussen die Männer «aufgemischt» habe. «Ich war schnell, ich war wendig und wurde anfangs stets unterschätzt», sagte die Vorsteherin des St. Galler Gesundheitsdepartements über ihr Erfolgsgeheimnis.

Den Weg in die Politik habe sie nie gesucht – und deshalb auch zuerst abgelehnt, als Parteilose auf eine SP-Nationalratsliste zu kommen. Doch ihr Freund habe ihr darauf hin die Leviten gelesen: «Er sagte mir, dass ich nicht anderen Frauen immer sagen könne, dass sie sich mehr in der Öffentlichkeit engagieren sollten, wenn ich selbst nichts machen würde. Das hat mich dann schon getroffen», erklärte die Tochter eines Polizisten, wie es zur Initialzündung kam.

Sein Talent an Unterhaltungsabenden entdeckt

Dass Pic ein Clown wurde, war in seiner Jugend keine ausgemachte Sache. Jedoch sei der Umgang mit Humor vielleicht ein Ventil gewesen, dass ihm und der Familie erlaubte, durch den Alltag zu kommen, sei doch der Vater oft krank gewesen. Sein Talent – er trat als Teenager an Unterhaltungsabenden auf – wurde zwar früh erkannt, konnte jedoch mangels Finanzen nicht gefördert werden, so dass er zuerst Lehrer wurde. Mit 19 Jahren folgte der erste Auftritt in der St. Galler Kellerbühne. Dass Jugend und Schönheit vergänglich seien, habe er erfahren müssen, als er bei der Badi Dreiweihern in St . Gallen an einer betagten Frau vorbeieilen wollte, die im Badeanzug auf der Treppe sass. «Ich dachte mir: Was macht diese alte Frau da? Da schaut sie mich an und fragt, ob ich der Pic sei. Als ich bejahte, erklärte sie mir strahlend, dass wir zusammen das Lehrerseminar besucht hatten», erzählte Pic im «Persönlich»-Talk. Schlimm sei es ihm ergangen, als er in Berlin einmal notfallmässig zum Zahnarzt musste. Die Zahnärztin zog nicht nur völlig unnötig zwei Wurzeln, sondern hinterliess, als Souvenir, ein abgebrochenes Stück Feile in seinem Mund. «Als mein Zahnarzt in St. Gallen dies sah, ist er richtig erschrocken», erinnerte sich Pic, was Heidi Hanselmann wiederum ein Lächeln aufs Gesicht zauberte: «Da lobe ich mir unsere gute Gesundheitsversorgung», sagte die Magistratin.

Angst um die Klassenlehrerin gehabt

Eine Anekdote wusste Hanselmann aus ihrer Zeit als Primarlehrerin zu erzählen. Sie hatte den Kindern soeben den Wert guten Essens erklärt. Zur Mittagspause fragte ein Bub, was sie denn heute essen werde. Sie deutete auf ihr Pausenbrot und sagte: «Ich habe es nicht so gut wie du, da niemand für mich zu Hause kocht. Ich bin hier am Verhungern». Eine Stunde später stand der Junge schniefend mit einem Teller Schnipo im Klassenzimmer. «Das war mir echt peinlich. Ich wollte ja dem Jungen nur erklären, wie gut er es hat, dass seine Mutter täglich für ihn kocht.» Ein Gespräch mit der Mutter des Kindes förderte dann zu Tage, dass der Mutter dies schon klar gewesen sei, der Junge jedoch nicht aufgehört habe zu drängen, denn Frau Hanselmann dürfe doch nicht verhungern.