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Extremsportler Hansi Nyfeler: Wo andere aufhören, fängt er an

Sonntag, 28. Juni 2015

KRADOLF-SCHÖNENBERG. 51 Jahre jung ist der Kradolfer Hansi Nyfeler. Das hinderte den Ex-Fussballprofi und heutigen Ausdauersportler aber nicht daran, Anfang Juni die Ultracycling-Weltmeisterschaft in Österreich souverän zu seinen Gunsten zu entscheiden. CHRISTOF LAMPART

Am «Tag danach» ist er meistens nicht dazu zu bewegen, auf's Velo zu steigen. Doch beim Interview in den eigenen vier Wänden, das keine Woche nach dem Triumph von Graz stattfindet, wirkt der 51-Jährige fit wie immer. Dabei legte er am 4./5. Juni die 868 Kilometer und 15 116 Höhenmeter in flotten 36 Stunden und 32 Minuten zurück – was einem Stundenmittel von beachtlichen 25 Kilometern entspricht und ihm in der Kategorie 50 plus den ersten Rang einbrachte.

Damit er auf den Tag X hin seine Leistung in der Steiermark wie gewünscht abrufen konnte, absolvierte der Informatiker, der einst in den 80er-Jahren unter Otmar Hitzfeld beim FC Aarau kickte, im Vorfeld zwei Ultra-Rennen. Anfang April das über 900 Kilometer führende Race across Italy, dann ein Rennen in der Heimat, das von Glattfelden bis nach Glattfelden führte und dazwischen durch fünf Länder (Schweiz, Frankreich, Deutschland, Österreich und Liechtenstein) führte. Natürlich ist Hansi Nyfeler auch hier «locker durchgefahren, schliesslich galt es für mich ja, in Form zu kommen», erzählt er.

Am Tag heiss und nachts schwül

Und tatsächlich war der Ausdauerathlet, der mit seinen bestehenden Mitteln stets das Optimum heraus zu holen versucht, in Graz in Topform. Der Gefühlsfahrer ist ohne Tachometer unterwegs, hört dafür jedoch ganz genau auf seinen Körper. Er bewältigte das, was für einen Normalsterblichen reine Strapazen bedeuten, problemlos. Tatsächlich klingt es, wenn er davon erzählt oder in seinem Blog (hansi nyfeler.active-drink.ch) darüber schreibt, aber so, als hätte er gerade eine lockere Spazierfahrt absolviert. Zwar erfährt man auch, dass es nicht nur tags 33 Grad heiss, sondern auch noch nachts extrem schwül war, dass das Klettern anstrengend war und viel getrunken werden musste. Doch lassen sich solche Strapazen kaum erahnen, wenn man einen Satz liest wie: «Auf der Edelweisspitze hiess es rechts umkehrt und in einer schönen und rasanten Abfahrt zurück über das Hochtor nach Winklern, welches wir um 13 Uhr ein weiteres Mal erreichten.»

Ein Erfolg des ganzen Teams

«Wir», das umfasste sein dreiköpfiges Team, das den Begleitwagen fuhr, die Navigation vor nahm und die Bananenstückchen bereit hielt. «Ohne Helfer kann man ein solches Vorhaben nicht erfolgreich gestalten – egal, wie gut man selbst in Form ist. So ist mein Erfolg auch immer ein Erfolg des ganzen Teams», windet Nyfeler den Leuten, die ihm den Rücken frei halten, verbal ein Kränzchen. Dass seine Frau Michaela sich dieses Mal auch unter den Helfenden befand, freute ihn sehr. «Das motivierte mich noch zusätzlich, dass mein Schatz dabei war.»

Doch egal, wie oft Nyfeler noch Weltmeister wird, beziehungsweise andere Erfolge in Ausdauerdisziplinen einheimst – reich wird er damit nicht – im Gegenteil. Grossprojekte wie sein erfolgreicher Start am Race across America 2014 (5. im Gesamtklassement als 50-Jähriger und bester Amateur unter lauter jungen Profis) bringen viel Aufwand und hohe Kosten mit sich. Letztere deckte er zum grossen Teil mit vielen kleinen und mittleren Sponsoren; den Rest berappte Hansi Nyfeler selbst. Rund 80 000 Franken investierte er in diesen Traum. Denn um diesen Klassiker der Ultra-Rennen erfolgreich zu bestehen, ist es notwendig, dass ihn ein elfköpfiges Team begleitet, das für ihn kocht, sich beim Fahren abwechselt, Reparaturen vornimmt, verarztet oder was gerade anfällt. «Natürlich wäre es schön, wenn sich mal ein grosser Sponsor fände. Aber wer weiss, vielleicht meldet sich ja einer, wenn er das hier liest», hofft der Athlet augenzwinkernd.

Er will den Rekord brechen

Auch 2015 will er am Radrennen quer durch die USA teilnehmen. Natürlich mit einem klaren Ziel: «Ich möchte den Altersrekord in der Kategorie 50 plus brechen.» Dass dieser drin liegt, davon ist Hansi Nyfeler überzeugt, denn «hätte ich 2014 nicht kurz vor dem Ziel eine längere Pause eingelegt, dann hätte ich das bereits geschafft.»