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Ein Poncho aus Alpaka für den kleinen Jesus

Dienstag, 27. Dezember 2011

Wer am Weihnachtsmorgen dem Gottesdienst in der katholischen Kirche Sirnach beiwohnte, dem konnte das Ganze zu recht schon ein wenig „spanisch“ vorkommen. Denn die Weihnachtskantate stammte aus Argentinien.

CHRISTOF LAMPART

Zum Hochfest des Herrn erklangen von der Empore von St. Remigius die Weihnachtskantate „Navidad Nuestra“ des argentinischen Komponisten Ariel Ramirez (1921 bis 2010). Vorgetragen wurde das mit indianischen und kreolischen Elementen durchwirkte Werk vom katholischen Kirchenchor Fischingen, welcher unter der Leitung von Urs Mäder stand.

Jesus in Argentinien

Von Ariel Ramirez kennt man in unserem Kulturkreis vor allem die Chormesse „Missa Criolla“ aus dem Jahr 1964. Dass dieses Jahr ein sehr fruchtbares für den Komponisten war, zeigt sich an „Navidad Nuestra“; einem Werk, dass nicht nur aufgrund seines ungewöhnlichen Settings weltweit viele Bewunderer gefunden hat. Vom ambitionierten Laienchören bis hin zu Gesangsstars wie Mercedes Sosa oder José Carreras reicht die Zahl jener, welche sich diesem Werk angenommen haben. Denn „Navidad Nuestra“ ist weit mehr als „nur“ eine Weihnachtsgeschichte, kommen doch im sechsteiligen Werk nicht nur typische südamerikanische Instrumente zum Einsatz, sondern die Weihnachtsgeschichte ist tatsächlich „nuestra“ – nämlich vom Nahen Osten nach Lateinamerika „umgesiedelt“ worden. Die Gottesdienstbesucher bekamen somit einen „Eindruck“ davon, wie sich wohl die Weihnachtsgeschichte in einem anderen Kulturkreis zugetragen haben könnte. Da reisen Maria und Josef durch die eisige Pampa mit Dornen und Brennnesseln, die Hirten bringen dem Christkind kleine Käselaibe, Basilikum und Thymian; und die drei heiligen Könige bringen einen weissen Poncho aus echtem Alpaka. 

Schön und exotisch

Bei so viel südamerikanischem Lokalkolorit stellt sich die Frage, wie der Fischinger Kirchenchor die Aufgabe anging und bewältigte? Die Antwort: klug und gut. Vielleicht ein wenig zu „sauber“, aber ein Schweizer ist vom Temperament her nun mal kein Südamerikaner. Doch vielleicht war diese „Zurückhaltung“ gar nicht schlecht, denn, obwohl das Werk als solches fantastisch ist, birgt dessen Volkstümlichkeit auch die Gefahr, dass die Interpreten die Grenze zum Kitsch hemmungslos überschreiten. Das war jedoch beim Fischinger Kirchenchor mitnichten der Fall. Urs Mäder formte ein homogenes Klangbild, bei dem der schöne Gesang und nicht etwaige Showeffekte zum Tragen kamen. Das war auch nicht notwendig, denn für die meisten der Gläubigen, die an der Eucharistie-Feier teilnahmen, dürften diese wunderschön vorgetragenen Gesänge auch so exotisch geklungen haben.