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Ein heikler Spagat zwischen Kunst und Kitsch

Sonntag, 19. Juni 2011

Am Sonntag lud die „art-thur 11“, die selbsternannte grösste Ausstellungsplattform im Kanton Thurgau für nicht etablierte Kunstschaffende, zur Leistungsschau nach Frauenfeld ein. Dabei gab es vieles zu sehen, aber es war bei weitem nicht alles gut.

CHRISTOF LAMPART

Mit der Kunst ist es so eine Sache. Wer in den bekannten Galerien und Museen dieser Welt ausstellt, gilt als etabliert. Auch jene, die an einer renommierten Kunstakademie oder zumindest bei einem bekannten Lehrer ihren Abschluss gemacht, bzw. ihre Ausbildung genossen haben, gelten im landläufigen Sinne als Künstler.

 Eine Chance für alle

Doch an all jene wendet sich die „art-thur“ nicht. Sondern vielmehr an jene Autodidakten, die an einem solchen Anlass ihren ersten Schritt  von der gedämpften Privatheit eines Ateliers in das grelle Licht der Öffentlichkeit wagen. Für diese Gruppe an Malern und Bildhauern ist noch alles möglich, denn sie haben keinen „Ruf“ zu verlieren, da sie keinen besitzen, zugleich aber viel zu gewinnen. Die „art-thur“ ist also eine Möglichkeit, um aus der grauen Masse der Anonymität heraus zu treten oder – um in ihr ebenso rasch wieder zu verschwinden, wie man aus ihr zuvor aufgetaucht war.

Tatsächlich ist an diesem Sonntag viel Belangloses sehen: Blumenbilder, Portraits von Indianern und Hunden, Collagen mit Werkstoffen und ab und an auch Bilder, die man nicht einmal zu Hause im Keller aufhängte. All diesen Werken ist gemeinsam, dass hier ein Mensch den unbezahlbaren Mut besass, mit ihnen an die Öffentlichkeit zu treten und sie durch ein kritisches Publikum bewerten zu lassen. Das macht das Bild wertvoll. Aber Kunst sieht nichtsdestotrotz definitiv anders aus.

Wer schafft es wohl?

Es  gab aber auch jene Werke, für die es lohnte, zu kommen. Seien es beispielsweise die feinen und vielschichtigen Enkaustik-Bilder der Kreuzlingerin Rositha Noebel, die farbenprächtigen Acryl-Phantasien der Altnauerin Analisa Meyer, die per Computer generierten Fotos des Frauenfelders Alfred Hotz oder die weiblichen Akte und Portraits von Carmen Kalman, Ottoberg. Letzterer ist noch das Ringen um eine eigenständige Formensprache – im positiven Sinne – deutlich anzumerken. Zu Hause und in Gruppen habe sie schon ausgestellt, erklärt die Künstlerin. Eine Einzelausstellung auswärts wäre zwar schön, doch ob es dazu kommen wird – wer weiss? Vielleicht wird Carmen Kalman ja bei der nächsten „art-thur“ gar nicht mehr mit von der Partie sein, sondern schon in den grossen Galerien ausstellen? Sehr wahrscheinlich ist dies zwar nicht, aber Träumen darf man wohl noch. Schliesslich ist Kunst ja der Stoff aus dem für so Manche(n) die Träume gewebt sind, die sie durchs Leben tragen. Und spätestens dadurch haben Sammelausstellungen wie die „art-thur“ ihre unbestrittene Daseinsberechtigung. Ja, wenn es sie nicht gäbe, müsste man sie wohl erfinden.