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Dorfmodell bereichert Museum

Samstag, 29. September 2012

Das Museum für Archäologie Thurgau hat einen Raum der Dauerausstellung komplett neu gestaltet. Unter dem Motto «Lagopolis – Seesicht, verbaut…» widmet sich dieser dem jungsteinzeitlichen Haus- und Siedlungsbau im Thurgau.

CHRISTOF LAMPART

FRAUENFELD. Der Raum im ersten Stock des Museums für Archäologie Thurgau in Frauenfeld ist nicht gross. Und doch hat der Konservator des Museums, Urs Leuzinger, allen Grund darauf stolz zu sein, denn die dort ausgestellten Fundstücke sind irgendwie alle einer Superlativkategorie zuzuordnen.

Schindeln statt Stroh

So werden bei den ausgestellten Bauhölzern erstmals Schindeln gezeigt, die aus der Grabungsstätte Arbon-Bleiche 3 stammen. «Wenn man Leute spontan fragt, wie die Dächer der Pfahlbauhütten gedeckt waren, so werden wohl viele mit Stroh oder Schilf sagen. Hier treten wir erstmals den Beweis an, dass die Menschen im Zeitraum zwischen 3800 und 3770 vor Christus ihre Dächer auch mit Schindeln aus Weisstanne bedeckt haben», erklärt Leuzinger. Ein weiteres Highlight ist der 5400 Jahre alte Steigbaum, welcher wohl die älteste erhaltene neolithische Leiter in Europa sein dürfte. Dank der Feuchtbodenhaltung hat sich organisches Material wie Architekturteile aus Holz in den Thurgauer Pfahlbausiedlungen hervorragend erhalten. Die ausgestellten Originale stammen aus der Zeit zwischen 3800 und 3370 vor Christus.

Nebst den vielen Hölzern und informativen Schrifttafeln dürfte das neue, 160 mal 200 Zentimeter grosse Siedlungsmodell des Dorfes, welches in Pfyn zwischen 3708 und 3704 vor Chr. bestand, die meiste Aufmerksamkeit der Besucherinnen und Besucher auf sich ziehen. Christoph Müller, Restaurator im Amt für Archäologie Thurgau, erbaute das Modell in zweijähriger Freizeitarbeit. Dieses basiert auf den archäologischen und naturwissenschaftlichen Auswertungen der Grabungen von 1944, 2002 und 2004 in Pfyn-Breitenloo. Es entstand in engem Informationsaustausch zwischen Archäologie, Botanikerin und dem Modellbauer. Nicht weniger als 32 Häuser sind zu sehen. «Wir gehen davon aus, dass in jedem Haus sicherlich vier bis sechs Personen lebten, also kann man durchaus davon ausgehen, dass das Dorf 150 oder mehr Einwohner hatte, womit die steinzeitliche Siedlung grösser gewesen sein dürfte als das mittelalterliche Pfyn», so Urs Leuzinger.

«Mühsame» Bäume

Für Christoph Müller war es «wichtig, dass ich die Leute im Alltag zeigen konnte». Tatsächlich tummeln sich im dichtbesiedelten Modelldorf 124 individuelle und charakteristisch bemalte Figürchen, aber auch fünf Hirsche, sieben Rehe und zehn Schweine – eines davon auf einem Grill – sind zu sehen. Besonders viel Arbeit machte Müller jedoch die Herstellung des Eichen-Mischwaldes. «Diese Bäume konnte man nirgends kaufen und abändern, sondern mussten alle von Hand gefertigt werden, was doch sehr viel Arbeit bedeutete», so Müller.

Lediglich einen «Nachteil» hat das ebenso detaillierte wie imposante und ohne schützende Glasabdeckung auskommende Modell: es steht aus Platzgründen in einer Ecke des kleinen Raums; so dass man nicht darum herum gehen und die Szenerie aus den verschiedensten Blickwinkeln betrachten kann.