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Dominique Teufen: Nichts ist, was es zu sein scheint

Montag, 8. Juni 2015

WIL. Magie auf den zweiten Blick. So könnte man umschreiben, was gegenwärtig unter dem Titel «Rêveries mimétiques» in der Kunsthalle Wil zu sehen ist. Denn in Dominique Teufens Installation ist nichts so, was oder wie es zu sein scheint. CHRISTOF LAMPART

Ein grau-weisser Parkettboden ist wohl nicht jedermanns Sache und fällt visuell schon ein wenig aus dem Rahmen. Und doch liegt er nun seit einigen Tagen in der Kunsthalle Wil. Auf mehr als 115 Quadratmetern. Zwar noch nicht ganz fertig gezeichnet, aber immerhin fast.

Weder verlegt noch aufgemalt

In der Nähe des Eingangs hat es noch einen weissen Fleck. Bei einer gewöhnlichen Baustelle stünde hier nun das Schild «Under Construction» – hier liegen jedoch ein Lineal, ein Bleistift, Radiergummi und Spitzer herum. Doch tun sie das wirklich? Die Antwort ist Nein. Denn was das menschliche Gehirn sofort als existent zu akzeptieren bereit ist, besteht hier nicht den ganz normalen Greiftest. Das Parkett ist weder verlegt noch aufgemalt, und auch die vermeintlichen Arbeitsutensilien Dominique Teufens sind fast alle – bis aufs Lineal – keineswegs in einer Arbeitspause abgelegt worden.

Alice, wo bist du?

Das, was die gebürtige Davoserin Dominique Teufen (das ist übrigens kein Künstlername), die arbeitend zwischen Zürich und Amsterdam hin und her pendelt, in der Kunsthalle Wil erschaffen hat, ist eine suggestive Illusion vom Feinsten. Nicht unprätentiös, aber beileibe auch nicht marktschreierisch. Hier spricht die überzeugende Idee, verknüpft mit grossem künstlerischem Können, zum Betrachter. Denn Dominique Teufen schafft in ihrer Wiler Installation nichts weniger als den sicheren Boden ab, auf dem die Besucher vermeintlich wandeln. Die Kuratorin der Kunsthalle Wil, Gabrielle Obrist, bezeichnete denn auch an der Vernissage vom Samstagabend das «eigenartige Kunstsetting» als einen «Ausflug in ein zeitgenössisches Alice'sches Wunderland». Mit dieser Aussage wird das Gefühl passend umschrieben, das einen umschleicht, während man mit blauen Plastikschutzhüllen an den Füssen auf einem Boden entlang schlurft, der als solcher eigentlich gar nicht existiert. Denn tatsächlich ist das «Parkett» nur fotografiertes und mehrfach kopiertes Laminat – und somit in mehrerlei Hinsicht zwar keine Fälschung, aber eine geschickte Täuschung. Fehlt nur noch das Kaninchen, das den Besuchern voran hüpfte.

Reisen mit Xerox

Noch verwirrender sind jene Trompe-l'œil-Fotos, die Dominique Teufen vielsagend «Weltreise mit dem Kopierapparat» nennt. Hier spiegelt die Künstlerin unter Zuhilfenahme von Materialien wie Seidenpapier, Plastik, Plexiglas, aber auch Mehl, Kaffeesatz und Watte, dem Betrachter das Vorhandensein einer tatsächlich auf diesem Planeten existierenden Landschaft vor – was sie natürlich mitnichten tut – sieht man einmal von diesem Bild ab. Es sind Länder und Landschaften, die sich entweder nur in der Kunsthalle Wil bereisen lassen oder in der menschlichen Phantasie. So grenzenlos der Ausblick in diese phantastische Welt ist, so spannend ist der «enge» Entstehungsprozess der Bilder. Denn Teufen erschafft diese sorgfältig editierten schwarz-weissen Bilder mit dem Kopierapparat.