Aktuell

<  zurück zur Übersicht

Diese Kälte heizt ganz schön ein

Dienstag, 15. April 2014

WIL. Mit Franticek Klossner stellt gegenwärtig einer der renommiertesten Schweizer Installations- und Performance-Künstler in der Kunsthalle Wil aus. Sein «Laboratorium» gleicht mehr einem Ereignis denn einer Werkschau. CHRISTOF LAMPART

Der in Bern lebende und arbeitende Klossner beherrscht das Spiel mit den Medien im wahrsten Sinn des Wortes meisterhaft. Selbst Dozent an der Hochschule für Künste in Bern, wo er Performance unterrichtet, zeigt er mit «Laboratorium» eine mediale Inszenierung, die im Betrachter ein ganzes Spektrum an Empfindungen auslöst. Freude über die Klarheit der Inszenierung, Staunen über die Vielfältigkeit der Aussagen, dezenter Ekel anhand bestimmter Bilder, wohliges Schaudern beim Nachdenken über das Gesehene. Die Werke Klossners lassen einen vieles – aber gewiss nicht kalt.

Die Geister, die er rief

Dabei ist die «Kälte» an und für sich ein Mittel, dessen sich Klossner gerne bedient. Sei dies durch die fast sterilen Bilder, welche in den Glaskolben – eigentlich sind es transparente, bauchige Mostflaschen – als Videofilme vor einem zumeist blauen Hintergrund («Blaues Wunder») ablaufen. Mal rechts herum, mal links herum drehend, aber immer sprechend, so ziehen diese mahnenden Flaschengeistern gleichenden Objekte, denen Klossner den vielsagenden Namen «ex vivo in vitro» gegeben hat, Betrachter in ihren Bann. Einen Bann, der sich immer wieder erneuert, denn die «Geister» wechseln die Flaschen und sehen, je nachdem, wo man in die Flasche hineinschaut, ganz anders aus. Dass einige Prozesse schneller, andere langsamer ablaufen, überrascht nicht – schliesslich ist das Entwicklungstempo eines jeden Menschen individuell. Warum sollte das in der Kunst anders sein?

Zerfallende Künstlichkeit

Während diese Kälte vor allem von der stringenten Klarheit der Inszenierung, von der Performance der «Geister» (bei denen es sich um Bekannte des Künstlers handelt, denen er ganz genaue Anweisungen bei der Darstellung gab) ausgeht, ist die Kälte, die gegenwärtig auf der Galerie der Kunsthalle herrscht, real. Denn hier zeigt Klossner seine «Melting Selves». Männliche Büsten aus Eis, die, mal auf Nagelbetten ruhend oder an (Fleischer-)Haken aufgehängt, ruhig vor sich hin leiden. Oder etwa doch nicht? Denn Tatsache ist, dass die Figuren munter vor sich dahinschmelzen. Das Tropfwasser wird in rechteckigen Metallbecken aufgefangen, so dass weder der Boden nass wird, noch die Besucherinnen und Besucher in Gefahr geraten, auszurutschen.

Ein weiterer «Melting Self» ist auch zwischen den Glaskolben im Parterre zu finden, dessen Schmelzen per Video live an die grosse Stirnwand der Kunsthalle übertragen wird. Hier schliesst sich gewissermassen der Kreislauf, denn dem fast experimentellen Entstehen im Glaskolben, dem wenig glorreichen Abgang des Menschen folgt der stete Zerfall – nur um daraufhin von neuem im Glaskolben zu entstehen.

Die Ausstellung ist noch bis und mit dem 18. Mai zu sehen. Weitere Informationen über die Ausstellung und die genauen Öffnungszeiten sind im Internet unter dem Link www.kunsthallewil.ch zu finden.