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Die Wellenlänge stimmt

Samstag, 20. August 2011

Johannes Meier war noch in der Ausbildung, als vor drei Jahren sein Onkel Hans-Ulrich Kesselring, starb. Doch der junge Winzer nahm die Herausforderung an und führt seither das Schlossgut Bachtobel mit seinem Team erfolgreich weiter.

CHRISTOF LAMPART

Dass der heute 35-jährige Meier schon jetzt in der achten Generation die Leitung des Weingutes Bachtobel innehat, war jedoch nicht geplant, sondern einer schrecklichen Laune der Natur geschuldet, verstarb doch Meiers Onkel und Vorbesitzer des Schlossgutes, Hans-Ulrich Kesselring, unerwartet am 6. September 2008 - unmittelbar vor der Wimmet. „Eigentlich war ich da erst zehn Monate bei meinem Onkel in der Ausbildung als Winzer, welche, inklusive meinen Wanderjahren, wohl acht bis neun Jahre hätte dauern sollen. Mit dem Tod meines Onkels stand ich dann urplötzlich vor der Wahl, nun sofort zu übernehmen oder eine andere Lösung für den Betrieb suchen zu müssen“, schildert Meier, welcher zuvor an der Universität Lausanne Betriebswirtschaftslehre studiert und einige Jahre in der Nahrungsmittelbranche zugebracht hatte.

Ganze Arbeit geleistet

Für Johannes Meier war klar, dass er vor allem die administrative und kaufmännische Leitung übernehmen würde. Gleichzeitig liefen die Telefondrähte heiss. „Ich bekam von überall Hilfe angeboten. Manche befreundete Weingüter wollten mir für die Zeit der Weinlese ihren Önologen ausleihen, doch entschied ich mich dafür, jemanden einzustellen“. Und dieses Wagnis wurde zum Glücksfall, wurde Meier doch durch die Vermittlung einer gemeinsamen Bekannten auf die junge Önologin Ines Rebentrost aufmerksam. „Schon bei der ersten Besprechung merkten wir, dass wir, was Weine betrifft, auf einer Wellenlänge funken“. So fühlen sich beide einem schonenden Umgang mit der Natur verpflichtet – auch wenn sie nicht nach dem Label „biologisch“ streben. So düngen die „Bachtobler“ beispielsweise ihre Reben mit den Überresten der Wein- und Marcproduktion und verzichten auch konsequent auf den Einsatz von Herbiziden, denn „zu einem guten Wein gehört eine möglichst intakte Fauna und Flora“, ist Meier überzeugt.

Geschichtsträchtiges Haus

In den letzten drei Jahren hatte das junge Duo, das vom erfahrenen Weinbauer Fazli Llolluni, welcher schon seit über 15 Jahren auf dem Schlossgut arbeitet, wirkungsvoll unterstützt wird, ganze Arbeit geleistet und das hohe Niveau, das Hans-Ueli Kesselring seinen Nachfolgern als schweres Erbe hinterliess, erfolgreich gehalten und weiter geführt. „Das war eigentlich überhaupt nicht selbstverständlich, denn wir sind damals wirklich ins kalte Wasser gesprungen und wussten zugleich, dass mein Onkel die Messlatte sehr hoch gesetzt hatte“, erzählt Meier.

Doch das Schlossgut Bachtobel ist weit mehr als „nur“ ein Weingut, nämlich ein Haus, das sozusagen Schritt auf Tritt Geschichte atmet. Könnten die fünf mächtigen Platanen, welche dem alten Weinpresse - Gebäude gediegen Schatten spenden, schildern, was sie in den letzten über 200 Jahren so alles erlebt haben, dann kämen sie wohl kaum aus dem Erzählen heraus. Immerhin wird mit dem alten Torkel aus dem Jahr 1584 heute immer noch Wein gewonnen. „Das sind dann jedes Mal ganz besondere Momente“, so Rebentrost. Im Herbst 2011 könnte dieser Moment noch etwas spezieller werden, verspricht doch dieser Jahrgang, bleibt das Wetter bis zur Lese noch trocken, ein sehr guter Jahrgang zu werden. Doch Rebentrost weiss, dass aufgrund möglicher Wetterkapriolen ein frühzeitiges Frohlocken nicht angesagt ist: „Wir werden erst dann eine Bilanz ziehen können, wenn die Trauben im Keller sind, aber die Voraussetzungen für einen guten 2011er-Jahrgang sind momentan sehr gut“, so die Önologin.  

In 225-Liter-Barrique-Fässern gereift

Am meisten – nämlich zu 80 Prozent - bauen die „Bachtobler“ „Pinot noir“ an, den sie in drei Typen ausbauen. Die Nr. 1 wird als der fruchtbetonte „Klassiker“ bezeichnet. Die Nr. 2 hat schon einen „dunkleren Holzeinfluss“, während die Nr. 3, der Spitzen-Rotwein des Gutes, „während 18 Monaten in 225-Liter-Barrique Fässern reift“,  erzählt Rebentrost. An Weissweinreben finden sich Müller Thurgau, Sauvignon Blanc, Rheinriesling und Pinot Gris an den Hängen, die zu vier eigenständigen Weinen verarbeitet werden. Insgesamt werden jährlich im Schlossgut rund 30‘000 „Bachtobler“-Flaschen hergestellt, wovon 65 Prozent an Private, rund 30 Prozent an die Gastronomie und gut fünf Prozent an den Wiederverkauf gehen.  (art.)