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Die Organisatorin der Schreiner

Montag, 3. Juni 2013

Dass jemand seinem Arbeitgeber 41 Jahre die Treue hält, ist heutzutage tatsächlich eher ungewöhnlich. Geschafft hat das die Geschäftsführerin des Verbands der Thurgauer Schreiner, Margrit Ramseyer. Jetzt geht sie in Pension.

CHRISTOF LAMPART

WEINFELDEN. Ende letzter Woche hat Margrit Ramseyer ein letztes Mal ihr Büro in der Geschäftsstelle des Verbands Schreiner Thurgau VSSM betreten. Es befindet sich in der Weinfelder Zentrumsüberbauung Rössli-Felsen. Den Kauf der Immobilie und den Umzug hat sie aktiv mitgemacht. Das, wie so vieles seit dem 1. November 1971. Damals trat sie ihre Stelle als Sekretärin beim Verband Schreiner Thurgau VSSM an. Zu einer Zeit, in der Fleiss, Loyalität und Fachkompetenz im Zweifelsfall noch höher geschätzt wurden als ein Diplom. Dennoch: Dass sie je einmal Geschäftsführerin des Berufsverbandes werden sollte, «war nicht geplant und auch nicht abzusehen», erklärt sie gutgelaunt. «Das hat sich so ergeben.»

1974: Ein spezieller Anlass

Etwas konnte Margrit Ramseyer jedoch schon immer sehr gut: nämlich perfekt organisieren. Egal, mit wem aus der Branche man spricht – jeder schätzte die Art und Weise wie Margrit Ramseyer Anlässe jeglicher Art auf die Beine zu stellen wusste, bei der sich Stil und Nonchalance gekonnt die Waage hielten. So wurde beispielsweise der erste Grossanlass im Weinfelder Kongresszentrum Thurgauerhof unter ihrer Regie durchgeführt. «1974 fand eine schweizerische Delegiertenversammlung des VSSM mit 800 Leuten hier statt, was ziemlich speziell war», erinnert sich die Frau, die das heutige Motto des Schreinerverbands «Der Schreiner – Ihr Macher», schon seit dem ersten Tag ihrer Anstellung aktiv vorlebte.

Dabei rührte Margrit Ramseyer nie mit der grossen Kelle an, wenn es auch anders ging. Stets war sie darauf bedacht, die Verbandsfinanzen beisammen zu halten und aus den vorhandenen Mitteln das Optimum herauszuholen. «Wenn meine Männer im Vorstand wieder einmal Geld für eine neue Maschine ausgeben wollten, habe ich sie immer gefragt, ob sie diese dann auch für ihren Privatbetrieb anschaffen würden oder ob es nicht eine billigere Variante gäbe. Die haben sich wohl ab und zu wegen meines Sparwillens ziemlich geärgert», erklärt sie mit einem jugendlichen Lachen. Doch durchgesetzt hat sie sich in den Diskussionen sozusagen immer. Was ihr heute der Verband mit kerngesunden Finanzen dankt. Nur unter zwei Präsidenten, nämlich Lukas Lehmann (1969 bis 1995) und Hanspeter Meier (1995 bis heute), hat sie in dieser langen Zeit gedient. Dass beide so lange im Amt waren, beziehungsweise noch sind, dürfte auch damit zusammenhängen, dass «ich tat, für was ich angestellt war, nämlich meine Arbeit», mutmasst Ramseyer. Das klingt wie ein Understatement und ist, objektiv von aussen betrachtet, auch eines. Denn die Liebhaberin von eisgekühlten Weissweinen und ausgedehnten Bergtouren ist vielen beruflichen Wegbegleitern als eine charmante Dame bekannt, die bei weitem nicht nur Vorgaben erfüllte, sondern auch gerne selbst einmal die Initiative ergriff.

«Einfach tun, was ich möchte»

Und so war es nicht verwunderlich, als der Verband 2007, anlässlich seines 100-Jahr-Jubiläums, auch ganz speziell der «35 Jahre Margrit Ramseyer» gedachte. Blumen, stehende Ovationen und als Geschenk eine Schiffsreise durch Frankreichs Kanäle gab es damals. «Damit Du auch mal abschalten kannst», erklärte Hanspeter Meier schmunzelnd.

Ob Margrit Ramseyer diesen Rat nun auch im Ruhestand beherzigen wird? «Anfänglich werde ich wohl einfach einmal geniessen, dass ich nicht mehr um halb sieben aufstehen muss. Ich werde dann einfach mal tun, was ich tun möchte.» Und was wäre das? «Ich habe vielen Schreinern, die sich in den letzten Tagen bei mir verabschiedet haben, versprechen müssen, mal bei ihnen vorbeizuschauen», sagt sie.