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Die Lehrer für Lehren begeistern

Montag, 30. September 2013

Der Euregio Bodensee fehlt es an Handwerkern und Ingenieuren. Bis jetzt kann dieser Mangel mit dem Zuzug auswärtiger Talente ausgeglichen werden. Langfristig kann das Problem jedoch nur gelöst werden, wenn in die Ausbildung vor Ort investiert wird.

CHRISTOF LAMPART

 WEINFELDEN. Der vom ehemaligen Innerrhoder Nationalrat Arthur Löpfe präsidierte Bodenseerat ist eine ideelle Vereinigung von Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft, Bildung und Kultur der Bundesländer und Kantone rund um den Bodensee und dem Fürstentum Liechtenstein. Dessen einziger Zweck ist es, die grenzüberschreitenden Euregio Bodensee zu fördern. Und dieser Bodenseerat beschäftigte sich am Samstag im Weinfelder Rathaus mit der Frage, ob die Euregio Bodensee den Zuzug von Fachkräften braucht.

Ohne Wohnraum keine Zuzüge

Unbestritten war, dass es sowohl in Deutschland als auch in Österreich und der Schweiz zunehmend einen Fachkräftemangel bei den Handwerkern und Ingenieuren gibt. Tatsache sei jedoch, dass die Region sich bis dato stets das benötigte Personal habe besorgen können. Ins Fürstentum Liechtenstein wollen alle, die Schweiz zieht vor allem Grenzgänger aus Deutschland und Österreich, das Vorarlberg Deutsche und Baden-Württemberg und Bayern vor allem Deutsche aus wirtschaftlich weniger prosperierenden Gegenden an.

Die Region boomt also über alles gesehen – doch genau dies bringe auch Probleme mit sich. Denn nicht nur im Bereich Kreuzlingen/Konstanz wird der Wohnraum knapp, sondern auch entlang der A81 von Schaffhausen nach Stuttgart «finden Sie kaum mehr erschwinglichen Wohnraum», sagte Georg Hiltner, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Konstanz. Doch wo es keinen Wohnraum gibt, da scheitern auch Zuzüge, was wiederum dafür sorgt, dass Wirtschaftsunternehmen vor Ort nicht expandieren können.

Kritische Grenze bald erreicht?

Zudem birgt eine weitgehend ungebremste Zuwanderung auch sozialen Konfliktstoff. Darauf verwies der Direktor der Industrie- und Handelskammer Thurgau, Peter Maag. Der Bauboom sei zwar grundsätzlich positiv, aber es gebe auch immer mehr Schweizer, die murrten, weil der Zuzug ausländischer Fachkräfte nicht nur zum Wohlstand beitrage, sondern zugleich auch «betonierte Landschaften, mehr Staus und überfüllte Züge» mich sich bringe. Anstatt weiter Leute zu holen, sollte man vermehrt eigene Fachkräfte ausbilden, forderte Maag.

Diese Haltung vertrat auch der Statthalter in der Vorarlberger Landesregierung, Karlheinz Rüdisser, zumal die industrielle Produktion «nach wie vor die Kernbasis unserer Wirtschaft» sei. Die Schwierigkeit bestehe darin, viele talentierte Jugendliche vom Wert einer handwerklichen Ausbildung zu überzeugen, sagte Rüdisser. Aber auch der betriebsinternen Aus- und Weiterbildung komme eine immer wichtigere Funktion zu.

Müssen Lehrer umdenken?

Als Hemmschuh erachtete Hiltner, dass viele deutsche Lehrer nach wie vor der Meinung seien, dass ein guter Schüler eigentlich unbedingt studieren müsse. Dieser Ansatz sei jedoch falsch, denn «auch unser Gewerbe braucht weitsichtige Unternehmer, die vom Fach kommen. Nur so können wir langfristig unser wirtschaftliches Niveau halten.»

Hiltner forderte deshalb, dass alles unternommen werden müsse, um Mädchen bereits im frühen Kindesalter für Technik und Mathematik zu interessieren. Auch Versuche mit jungen spanischen Arbeitskräften hätten sich gut angelassen. Die dortige Jugend sei gut ausgebildet, aber arbeitslos, was sie enorm motiviere, es in einem fremden Land beruflich zu schaffen.