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Die ganze Welt in einen Raum gefasst

Freitag, 1. März 2013

Gegenwärtig ist im Historischen Museum des Kantons Thurgau eine ganz besondere Sonderschau zu sehen. Nämlich Rosa Trunigers Beizenfasnacht-Figuren, welche über die Landesgrenzen hinaus Berühmtheit erlangten.

CHRISTOF LAMPART

FRAUENFELD. Knapp 60 Personen drängten sich am Donnerstagmittag, im Rahmen des zweiten diesjährigen «Museumshäppli», im Sonderschauraum des Historischen Museums Thurgau im Schloss Frauenfeld. Die Historikerin Alexandra M. Rückert erzählte vom Werdegang der Sirnacher «Brückenwaage», deren Übernahme durch die Familie Truniger im Jahr 1900 und der Leidenschaft der 1911 geborenen Rosa Truniger fürs Anfertigen der über 2000 Figuren aus Karton, Stoff und Füllmaterial. Als das Historische Museum 2012 die Anfrage erhielt, ob es einige der über 1000 erhaltenen Figuren haben wolle, fiel die Auswahl schwer. «Es waren insgesamt 17 Themen und alle fantastisch umgesetzt», erinnert sich Rückert. Die Lösung war dann doch relativ einfach: «Wir haben dann schliesslich alle genommen.»

Erste Tracht war holländisch

Mit dem Entwerfen von Fastnachtsdekorationsfiguren begann die gelernte Damenschneiderin Mitte der 50er-Jahre. Ihre Mutter überredete sie dazu, waren doch die Gästezahlen in der eigenen Beiz, der Sirnacher «Brückenwaage», rückläufig. Den Entscheid dazu sollte Rosa Truniger nie bereuen. Vom ältesten erhaltenen Sujet – Max und Moritz – aus dem Jahr 1957, sind zwar nur noch Fotos und keine konkreten Figuren vorhanden, doch das ist nicht überraschend. Denn anfänglich waren die Figurenkleider aus Krepppapier gefertigt, welche naturgemäss nicht lange hielten. Also wurden die ersten Dekorationen nach ihrem ausgiebigen Gebrauch nicht aufbewahrt, sondern entsorgt. Später verwendete Truniger echte und dementsprechend haltbare Stoffe, die sie zuerst mit Papier, dann mit Schaumgummi und schliesslich mit Holzwolle ausstopfte. Genauso qualitätsbewusst agierte sie bei der Auswahl der Stoffe, die sie bei Reisen oder anhand einschlägiger Literatur bestimmte. Die erste komplette Tracht war jene aus dem holländischen Volendam. Das ging so weit, dass das Servierpersonal in der «Brückenwaage» während der Beizenfasnacht exakt diese Tracht trug.

Sir Peter Ustinov verewigte sich

Die Fasnachtsdekoration der «Brückenwaage» war ein echter Anziehungspunkt. Was anfänglich nur als Dekoration für die Fasnachtszeit gedacht war, blieb ab 1960 – mit Bewilligung des Gemeinderates – die ganze Zeit hängen. Themen wie «Appenzell», «Japan», «Biedermeier» und «Zirkus Knie» begeisterten Gäste aus nah und fern. Ein ebenfalls in der Sonderschau ausgestelltes Gästebuch, das über mehr als 20 Jahre benutzt wurde, zeugt davon. Menschen aus vielen Ländern haben sich darin verewigt; darunter auch Japaner und Araber. Und auch mancher prominenter Gast, wie die Mitglieder der Zirkusfamilie Knie oder der Schauspieler und zweifache Oscar-Gewinner Sir Peter Ustinov, würdigten so Rosa Trunigers Gesamtkunstwerk.